Sommerarena Baden
Wo geht es hier zum Edelschneider Peppino Teuschler? Die Operettenfachkräfte Thomas Zisterer, Erin Marks, Claudia Goebl und Mario Fancovic in der Sommerarena Baden.

In der Hitze des Sommers strebt der Mensch nach Leichtigkeit. Auf dem Speiseteller wird das Schnitzel kurzzeitig vom Salat verdrängt, der Sommerspritzer ermöglicht Alkoholgenuss auch bei Höchsttemperaturen. Dem Hitzestau entgegen wirkt auch leichte Bekleidung – gern in Pastell. Und im Bereich der Unterhaltung hat die leichte Muse Hochsaison. Fachexpertin auf diesem Gebiet ist seit Kaisers Zeiten die Bühne Baden. Am vergangenen Wochenende lud man zu Lehárs Der Graf von Luxemburg in die Sommerarena im Kurpark.

Das bezaubernde Baujuwel aus dem Jahr 1906 wurde gerade von Stadt, Land und Bund für 4,7 Millionen aufpoliert, das Geld wurde unter anderem für einen neuen Anstrich, neue Klos und neue Technik (Drehbühne!) verwendet. Unter dem offenen Glasschiebedach bekam Lehárs Graf von Luxemburg (1909) von Regisseur Thomas Smolej und seinem Team ein etwas minder schmuckes Ambiente hingezimmert: Die Bühne (Marcus Ganser) avanciert von einem schwarzen Loch mit Gerümpel zur Andeutung eines Grand Hotels. Die Kostüme (Ágnes Hamvas) geraten durchwachsen: Wenn man etwa das gänzlich geschmacksbefreite gräfliche Gewand in Rot sieht, steigt aus der Erinnerung der Name Peppino Teuschler empor.

Der Charaktermezzo

Apropos Seitenblicke: Marika Lichter hatte vor ihrer Dauerexistenz in diesem täglichen Kurzformat ein Operettenvorleben, es begann in den 1970ern. Mittlerweile müsste man für die Künstlermanagerin ein eigenes Stimmfach kreieren, den Charaktermezzosopran. Die Gräfin Kokozowa spielt Lichter souverän und amüsant. Durch die Dea ex Machina des 3. Akts können Graf René und die schöne Angèle endlich zusammenkommen, obwohl sie eh seit dem 1. Akt verheiratet sind. Iurie Ciobanu gibt den Luxemburger mit strahlender Stimme und ebensolcher Laune. Und Sieglinde Feldhofer ist mit fülligem Sopran eine Angèle aus dem siebten Himmel.

Ebenfalls eine Idealbesetzung: Claudia Goebl als kecke, quirlige Juliette (mit prägnantem Sopran), die ihren zaudernden Pinselartisten Armand (Thomas Zisterer) operettenschlussendlich doch noch zur Heirat bewegen kann. Und auch Roman Frankl sorgt als kauziger Fürst Basil für viele Lacher: Über alte weiße Männer wusste man schon in der Monarchie zu spotten. Für aggressive Knallchargenkomik sind Beppo Binder, Branimir Agovi und Glenn Desmedt zuständig – in diesem Bereich übertreibt es Smolej deutlich.

Unter der Leitung von Marius Burkert schlägt sich das Orchester der Bühne Baden wackelig bis wacker und serviert dem seligen Publikum Schlager wie Bist du’s, lachendes Glück. Premierenjubel in Baden. (Stefan Ender, 19.6.2023)