Eine Frau trägt einen Deoroller auf ihre Achseln auf.
Aluminiumhaltige Deodorants, sogenannte Antitranspirantien, verschließen die Schweißdrüsen. Haut und Kleidung bleiben somit trotz Schwitzens weitgehend trocken.
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Als 1888 das erste Deodorant auf den Markt kam, interessierten sich nur wenige Menschen dafür. Die Creme, die man sich unter die Achseln schmierte, sollte gegen schlechte Gerüche helfen, die durch Bakterien im Schweiß verursacht werden. Ein paar Jahre später wurde dann das erste Antitranspirant erfunden, also ein Mittel, das nicht nur den Geruch von Schweiß überdecken soll, sondern die Schweißbildung tatsächlich hemmt. Aber auch dafür kam keine große Begeisterung auf. Womöglich lag das aber auch daran, dass der Hauptbestandteil des neuen Antitranspirants Aluminiumchlorid war, das zur damaligen Zeit mit Säure gebunden werden musste. Diese Mischung fraß sich sogar durch Kleidung (DER STANDARD berichtete hier). Was es mit der Haut anstellte, will man sich gar nicht erst vorstellen. 

Mittlerweile sind Antitranspirantien hautfreundlich und ätzen auch keine Löcher mehr in die Kleidung. Doch die darin enthaltenen Aluminiumsalze wie Aluminiumchlorid oder Aluminiumhydroxychlorid werden immer noch kritisch betrachtet. Dabei sind sie ein essenzieller Bestandteil, will man bei Hitze keine nassen Flecken unter den Achseln haben. Denn die Aluminiumsalze verschließen die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen und lassen somit keine Feuchtigkeit an die Hautoberfläche. Außerdem wirken sie antibakteriell. Genau die Bakterien, die in den Achselhöhlen leben, sind nämlich für den oft stechenden oder unangenehmen Geruch verantwortlich. Sie ernähren sich von den Proteinen im an sich geruchlosen Schweiß, die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte sorgen für den typischen Geruch. Treffen diese Salze auf den Schweiß, bilden sie eine Art unlösliche Pfropfen, die die Schweißdrüsen verstopfen. An sich ist ein Antitranspirantium also eine praktische Sache. Aluminium steht jedoch seit Jahren im Verdacht, Mitauslöser verschiedener Krankheiten wie Brustkrebs oder Alzheimer zu sein.

Unter Verdacht

Hinweise darauf lieferten verschiedene Studien. So fanden englische und italienische Fachleute 2011 eine erhöhte Menge Aluminium in der Brustflüssigkeit von Frauen mit Brustkrebs. Und auch ein Forschungsteam aus Genf veröffentlichte Ergebnisse, dass Aluminium in Brustzellenkulturen im Labor Mutationen auslösen könnte. 2017 wurde die Diskussion dann durch eine Studie aus Innsbruck weiter angefacht. 200 Brustkrebspatientinnen und eine gleich große Kontrollgruppe wurden dabei zu ihrem Deokonsum befragt. Zusätzlich wurde die Aluminiumkonzentration in Gewebeproben gemessen. Die Frauen, die angaben, vor allem in jungen Jahren vermehrt zu Deodorants mit Aluminium gegriffen zu haben, wiesen ein höheres Brustkrebsrisiko auf. Zusätzlich wurde in den Gewebeproben bei den befragten Frauen mit Brustkrebs eine höhere Aluminiumkonzentration gemessen.

Auch ein Zusammenhang zwischen Alzheimer und dem Leichtmetall wird seit Jahren diskutiert. Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien, nennt zwei Gründe für diese Hypothese: "Die neurotoxische Wirkung des Metalls ist bekannt. Außerdem hat man im Rahmen von Autopsien von charakteristischen Hirnarealen in Alzheimerplaques erhöhte Aluminiumkonzentrationen gefunden." Aber: Die Studien und Untersuchungen weisen zwar auf einen Zusammenhang zwischen Aluminium und einem erhöhten Risiko für die genannten Krankheiten hin. Einen eindeutigen Beweis dafür liefern sie bisher nicht. Es besteht außerdem der Verdacht, dass sich in erkrankten Nervenzellen eine Vielzahl an Giftstoffen anlagern. Fachleute fanden etwa neben Aluminium auch Kupfer oder Quecksilber.

Gesundheitliche Beeinträchtigung unwahrscheinlich

Aufgrund der neusten Erkenntnisse schätzt das Bundesamt für Risikobewertung seit 2020 die "gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Aluminium-Aufnahme über die Haut als unwahrscheinlich" ein, wie es in einer Stellungnahme heißt. Darum ist "eine gesundheitliche Beeinträchtigung für Verbraucherinnen und Verbraucher bei täglichem Gebrauch von Antitranspirantien mit Aluminiumchlorohydrat nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich", schreiben die Expertinnen und Experten weiter. Auch das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS) der EU kommt zu diesem Schluss. In dem Papier schreiben die Verantwortlichen, dass es, im Vergleich zu Aluminiumaufnahme über die Nahrung, keinen Unterschied macht, ob man ein Antitranspirant benutzt oder nicht. Die aus Deos und Kosmetika aufgenommen Mengen an Aluminium seien vernachlässigbar.

Diese Entwarnung ist auch für Julia Lämmerhirt, Dermatologin in Wien, eine gute Nachricht: "Vor allem für Menschen, die stark schwitzen, sind Antitranspirantien mit Aluminium eine einfache und wirkungsvolle Möglichkeit, unangenehme Schweißflecken zu vermeiden."

Allerdings rät die Expertin trotzdem zur Vorsicht. "Das heißt natürlich nicht, dass Aluminium nicht gesundheitsschädlich für den Körper sein kann. Die Studienlage zeigt nur, dass über die Haut deutlich weniger aufgenommen wird als bisher angenommen. Das meiste Aluminium nehmen wir vermutlich über unsere Nahrung auf." Und tatsächlich findet man Aluminium in vielen oft täglich konsumierten Lebensmittel wie etwa im Getreide, in Milchprodukten, in Meeresfischen oder auch verschiedenen Gemüsesorten. Aluminium ist das dritthäufigste Element der Erdkruste und das am häufigsten vorkommende Metall. Über den Boden gelangt es ins Trinkwasser und somit auch in die Pflanzen. "Man findet es aber auch in etlichen Alltags- und Gebrauchsgegenständen, wie Alufolie, Grillschalen aus Alu oder Dosen", sagt Umweltmediziner Hutter.

Enorme Umweltbelastung

Darum plädiert er dafür, Produkte mit Aluminium nicht leichtfertig zu verwenden. "Einerseits ist Aluminium ein Fremdstoff, der im Gegensatz zu Eisen oder anderen Spurenelementen keine physiologische Aufgabe im Körper hat. Andererseits entsteht vom Abbau bis zur Entsorgung von Aluminium eine enorme Umweltbelastung." Hier sieht der Experte auch das größte Problem: "Die Gefahren liegen meiner Meinung nach in den negativen Folgen der Aluminiumproduktion und der Entsorgung des Aluminiumschlamms. Die Begleiterscheinungen sind oft massiv, denn der Abbau zerstört Landschaften in teils gigantischem Ausmaß. Rohstoffe werden auch immer öfter in abgelegenen, ökologisch sensiblen Regionen gewonnen." Zuletzt kam es beim Abbau von Aluminium 2010 zu einer riesigen Katastrophe in Ungarn. Nachdem ein Deponiebecken einer Aluminiumhütte gebrochen war, wälzte sich eine meterhohe, ätzende Giftschlammflut durch das Land. DER STANDARD berichtete unter anderem hier.

Für den Umweltmediziner ist eine abschließende Risikobewertung nicht ganz einfach. Aber aufgrund der Umweltaspekte und der nicht komplett geklärten gesundheitlichen Auswirkungen plädiert er für einen verantwortungsvollen Umgang mit Aluminium. "Jüngere Untersuchungen besagen zwar, dass Antitranspirantien einen geringeren Anteil an der Gesamtbelastung mit Aluminium liefern, trotzdem ist es aufgrund der einfachen Möglichkeit, seine eigene Gesamtaufnahmebilanz aktiv zu minimieren, weiterhin ratsam, diese Aufnahmequelle zu berücksichtigen und im besten Fall so weit wie möglich zu reduzieren." (Jasmin Altrock, 20.6.2023)