Martin Schläpfer
"Ich habe aber vor, bis zum Schluss Vollgas zu geben", so Schläpfer, der am Dienstag die Pläne für seine vorletzte Spielzeit in Wien präsentierte.
APA / TOBIAS STEINMAURER

Wien - "Ich habe mich entschieden, nicht mehr als Chef zu arbeiten, sondern als Künstler." Mit dieser Ansage begründete am Dienstag Martin Schläpfer die Entscheidung, seinen Vertrag als Direktor des Wiener Staatsballetts nicht über 2025 hinaus zu verlängern. Es handle sich also primär um eine persönliche Entscheidung, auch wenn es für diesen Schritt selbstredend zahlreiche Gründe gebe. Dazu gehöre auch die mangelnde Probeninfrastruktur.

"Zwei Ballettsäle sind für das, was wir leisten, sehr wenig", erinnerte Schläpfer an seine vorherige Position in Düsseldorf, wo er fünf Probenräume zur Verfügung gehabt habe. Auch sei er einer der letzten Choreografen, der noch riesige Compagnien wie das Staatsballett führe: "Die nächsten Jahre werden im Tanz große Umbrüche zeigen."

"Ich habe aber vor, bis zum Schluss Vollgas zu geben", so Schläpfer, der am Dienstag die Pläne für seine vorletzte Spielzeit in Wien präsentierte. Es wird ein Kompendium zwischen Klassikern und Uraufführungen, das sich auf die beiden Häuser Staats- und Volksoper verteilt. Je zwei Premieren sind hier vorgesehen.

Kostüme von Lagerfeld

In der Volksoper startet man aus Premierensicht am 12. November mit "The Moon Wears a White Shirt" mit Choreografien von Karole Armitage, Paul Taylor sowie Schläpfers eigener Interpretation von Schnittkes 3. Klavierkonzert. Am 8. Mai 2024 folgt hier "Les Sylphides", unter anderem mit der Uraufführung einer Choreografie von Ensemblemitglied Adi Hanan unter dem Titel "Eden". Unter diesem Dach vereint ist hier auch Uwe Scholz' "Jeunehomme" aus 1986, wofür man die für die Uraufführung kreierten Kostüme von Karl Lagerfeld rekonstruiert.

In der Staatsoper ist am 23. Dezember "Shifting Symmetries" mit Arbeiten von Hans van Manen, William Forsythe und George Balanchine angesetzt - "Drei Meister, wenn man diese Bezeichnung überhaupt noch benutzen darf", so Schläpfer. Und schließlich folgt ebenfalls in der Staatsoper am 24. März 2024 "Die Kameliendame" von John Neumeier, ein Werk, das nach Ansicht des Ballettchefs zwingend ins Repertoire eines Hauses wie der Staatsoper gehöre. "Es geht immer um den Menschen und seine Verfassung - innerlich wie äußerlich und in dem Sinne völlig zeitgenössisch", zollte Schläpfer der Arbeit des großen Kollegen seinen Respekt. Und auch in der neuen Saison behält man die Tradition der "Nurejew-Gala" am 29. Juni 2024 bei.

Vollends zufrieden mit der aktuell auslaufenden Saison zeigte sich die kaufmännische Leiterin Simone Wohinz. Man habe bei 48 Vorstellungen in der Staatsoper eine Durchschnittsauslastung von 99,23 Prozent erzielt, zu denen sich 41 Vorstellungen mit 76,08 Prozent Auslastung in der Volksoper gesellten. Inklusive eines Gastspiels in Ludwigshafen wird man so rund 140.000 Besucherinnen und Besucher in der Saison 2022/23 begrüßt haben. Die Mehreinnahmen von rund 1 Mio. Euro investiere man nicht zuletzt in die Gesundheit der Compagnie, für die die monatlichen Therapiestunden bereits von 150 auf 250 erhöht wurden. (APA, 14.6.2023)