Stellen Sie sich vor, ihr Mixer geht über Nacht kaputt. Sie tauschen ihn um, weil er erst ein Jahr alt ist. Sie warten drei Wochen auf ein Ersatzgerät. Ein halbes Jahr später gibt auch dieses Modell den Geist auf. Würden Sie diese Prozedur ganze zwei, drei Mal über sich ergehen lassen, bevor sie den Hersteller wechseln?

"Es gibt nichts im Haus, dass so oft kaputt geht", erzählt Stephano Nevarez, ein 15-jähriger Schüler, einem Reporter der New York Times. Dennoch, auch die wochenlangen Wartezeiten und die vielen Enttäuschungen können ihn nicht von seiner einst 400 Dollar teuren Xbox 360 abbringen. Er will den am 25. September erscheinenden, exklusiven Shooter Halo 3 spielen.

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Rettung

Was für Außenstehende nach irgendeinem x-beliebigen Videospiel klingen mag, über das sich Jugendschützer einmal mehr den Kopf zerbrechen, könnte für Microsoft das wichtigste Geschäft des Jahres retten – die Weihnachtszeit. Denn sollten Spieler trotz der Fabrikationsfehler an der Stange gehalten werden können oder sich gar extra eine Konsole zulegen, könnte Halo 3 – wie der Retter in der Not – die Xbox 360 gegen die zunehmende Konkurrenz seitens Sony und Nintendo stützen.

US-Spielemagzine, die das Game bereits vorab testen konnten, scheinen von der Zugkraft Halos überzeugt. "Halo 3 ist Microsofts wichtigstes Spiel", so ein Redakteur bei Electronic Gaming Monthly, "und gesetzt den Fall ihr Gerät funktioniert, erfüllt es die Erwartungen". Und die Messlatte ist hoch gelegt. Die beiden Vorgänger haben sich insgesamt über 15 Millionen Mal verkauft und damit in die ewige Bestenliste eingeschrieben. Microsoft setzt alles daran auch dieses Mal groß zu punkten. 250 Designer und Programmierer arbeiten unter Hochdruck an der Fertigstellung. Wie viel bereits investiert wurde, will man bislang nicht verraten. Nur zum Vergleich: Bei Half-Life 2 waren 75 Mitarbeiter im Einsatz.

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Entscheidend

Es sieht demnach so aus, als würden einmal mehr die Inhalte über den Erfolg einer Plattform entscheiden. Aber auch abseits der Spiele setzt Microsoft alle Hebel in Bewegung, um seine Marktführerschaft unter den Next-Generation-Konsolen aufrecht zu halten. Mit einer aggressiven Support-Strategie und einer Milliarde Dollar Rücklagen für die breitflächig angelegten, kostenlosen Umtauschaktionen dürfte Microsoft zumindest vorerst seine Kunden beruhigt haben.

Marktforscher gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der 11,6 Millionen verkauften Xbox 360-Einheiten von den Hardware-Problemen betroffen sein dürfte. Der Druck ein Jahr vor den anderen Herstellern am Markt sein zu wollen, schlug sich laut Analysten in einer geringeren Qualitätskontrolle nieder. Den Problemen nach zu urteilen, scheint die Hardware in vielen Fällen der großen Hitzeentwicklung nicht gewachsen zu sein.

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Spannender Winter

Trotz angekratztem Image, dass möglicherweise zahlreiche Neukunden abgeschreckt hat, ist die Schlacht um das 12 Milliarden Dollar schwere Videospiele-Geschäft noch nicht entschieden. Zu Weihnachten werden alle drei Hersteller hoch antizipierte Exklusiv-Titel ins Rennen schicken. Dann wird sich zeigen, wie viel Boden Sony wird gut machen können, ob Microsoft seine Position verteidigen kann und Nintendo weiterhin auf der Überholspur bleibt.

Das Duell High-End-Konsolen (Xbox 360 und PlayStation 3) gegen Jedermanns-Konsole (Wii) wird jedoch noch im Frühjahr ein Nachspiel haben. Dann soll der lang erwartete vierte Teil von Grand Theft Auto erscheinen. Nintendo schlägt mit Mario und Co. bereits im Herbst zu. (zw)