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Die Kundgebungen gegen Putin verliefen friedlich.

Foto: AP/Hans Punz
Die Proteste gegen Wladimir Putin verliefen friedlich, ein unangemeldeter Versuch, den Weg des russischen Präsidenten in Wien zu kreuzen, wurde verhindert. Gegen die vehemente Kritik von Amnesty International halfen hingegen keine Sperrgitter. Die Menschenrechts-organisation warnt vor einer „Politik der Angst“.

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Die acht Demonstranten der Organisation „Resistance for Peace“ hatten Pech. Ihre geplante Blockade der Ringstraße, um dem Konvoi des russischen Präsidenten Wladimir Putin zumindest kurzfristig Einhalt zu gebieten, kam nicht zustande. Nicht nur, weil die Polizei auf die in einem Lokal auf einen günstigen Zeitpunkt wartende Gruppe aufmerksam geworden war. Sondern auch, weil der Staatsbesuch auf einem anderen Weg als offiziell angekündigt zur Hofburg gelotst wurde. Entmutigen wollten sich die Aktivisten aber dennoch nicht lassen: „Herr Putin ist ja am Donnerstag auch noch da.“ Einem neuerlichen Versuch, die Wege des Präsidenten zu kreuzen, werden aber auch heute wieder mehr als 1000 Sicherheitskräfte entgegenstehen.

Auch die drei angemeldeten Anti-Putin-Demonstrationen, die größte davon mit rund 300 Teilnehmern auf dem Heldenplatz, gingen am Vormittag ohne Zwischenfälle über die Bühne. Auf den Transparenten war vor allem die Aufforderung „Russland raus aus Tschetschenien“ zu lesen. Auch unkritisches „Gemma-Putin-Schauen“ hielt sich in Grenzen, nur rund 50 Fans hofften an der Absperrung bei der Hofburg, einen Blick auf Putin zu erhaschen.

Nicht weit davon entfernt, im Café Landtmann, ebenfalls außerhalb der Sperrzone, erhob die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) schwere Vorwürfe gegen die Russische Föderation. Sichtlich überrascht, aber auch erfreut vom zahlreichen Erscheinen von Medienvertretern, präsentierte Heinz Patzelt, der Generalsekretär von ai-Österreich, den neuen Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation.

Die schwersten Menschenrechtsverletzungen in Russland fänden in drei Bereichen statt, sagte Patzelt: Der brutale Unterdrückungskrieg in Tschetschenien, rassistisch motivierte Verbrechen, die als Rowdytum abgetan würden, und die Gewaltanwendung gegen Frauen, die als private Angelegenheit gelte und vom System ignoriert werde.

Gute und Böse

Putin habe die Macht, diese Menschenrechtsverletzungen zu beenden, so Patzelt. Der russische Präsident müsse sich dann auch nicht mehr vor den freien Medien fürchten. Derzeit werde das Leben in Russland in den Medien schwarz-weiß gemalt, die Guten seien die Regierung, die Bösen Terroristen, Mörder und Migranten. Nur zwei Moskauer Zeitungen könnten frei berichten, erreichten allerdings gerade eine Leserschaft von rund 300.000 Personen, sagte Patzelt. 190 Millionen Russen würden hingegen nichts vom System in Russland erfahren, denn was nicht in den Medien thematisiert werde, finde auch nicht statt.

Amnesty kritisiert außerdem vehement Russlands Waffengeschäfte mit dem Sudan. Im Vorjahr habe Moskau Flugzeuge und Hubschrauber im Wert von 35 Millionen US-Dollar in die afrikanische Krisenregion verkauft. Auch China verdiene Millionen mit Kriegsmaterialien für das mit einem Waffenembargo belegte Land. Angst sei die treibende Kraft der Weltpolitik geworden und das schaffe eine gefährlich polarisierte Welt. Gerade deswegen müsse der Dialog aufrechterhalten werden, betonte Patzelt. „Die Gespräche müssen aber menschenrechtsorientiert sein.“ (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 24.5.2007)