Bemüht sich seit zwei Jahren um ein Treffen mit dem türkischen Premier Erdogan: Tassos Papadopoulos.

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Bei dem Streit um die Öffnung der Häfen wird Zypern, wo kommenden Sonntag ein neues Parlament gewählt wird, keine Konzessionen gewähren, sagt Staatschef Tassos Papadopoulos zu Christoph Prantner.


STANDARD: Ist der Annan-Plan, den die griechischen Zyprioten in einem Referendum abgelehnt haben, noch immer eine tragfähige Basis, um den Zypern-Konflikt zu lösen? Oder ziehen Sie einen völlig neuen politischen Prozess vor?
Papadopoulos: Für mich ist das eine akademische Frage. Der Annan-Plan ist ein ambitioniertes Dokument, das alle Bereiche umfassen wollte. Wie immer die Diskussion nun weitergeht, es wird sich immer um die gleichen Kernpunkte drehen: Es muss um die Fragen des griechischen Eigentums im besetzten Norden gehen, um die Flüchtlinge, die Rückgabe von Landbesitz, die Terminsetzungen, die türkischen Truppen und Siedler im Norden. Ich bin an Ergebnissen und Kompromissen interessiert, nicht an den Namen, unter denen sie gefunden werden. Ob sie nun Annan-Plan VI oder Erdogan-Plan I heißen oder anders.

STANDARD: Es gibt Pläne, den Hafen von Famagusta zu öffnen und gemeinsam unter EU-Aufsicht zu betreiben, um dem Norden Zyperns direkten Handel mit der EU zu ermöglichen.
Papadopoulos: Es ist ein souveränes Recht eines jeden Staates, die Eintrittspunkte in das Staatsgebiet zu bestimmen. Nach der Invasion von 1974 hat Zypern die Häfen und Flughäfen im besetzten Norden als illegale Eintrittspunkte festgesetzt. Mit dem EU-Beitritt ist die ganze Insel ein Teil der EU, im Norden allerdings sind deren Regulative ausgesetzt. Das heißt: Ausfuhren aus Famagusta sind grundsätzlich illegal.

"Direkter Handel" nun ist ein anderer Terminus für Zollkonditionen, die für die Ausfuhren von Mitgliedsländern in Mitgliedsländer gelten. Diese könnten auch für die in den besetzten Gebieten erzeugten Güter gelten. Wir würden diese Konzession machen, wenn wir dafür Varosha (Geisterstadt im Süden von Famagusta, die im Zuge des Annan-Plans an die griechischen Zyprioten zurückgegeben worden wäre, Anm.) zurückbekommen, der vor der Invasion zu 100 Prozent in griechisch-zypriotischem Besitz war.

STANDARD: Zwischen Zypern und der Türkei gibt es ein zweites Hafenproblem. Die Türken haben sich vor der EU verpflichtet, ihre Häfen und Flughäfen bis Jahresende für zypriotischen Verkehr zu öffnen. Was passiert, wenn das nicht geschieht?
Papadopoulos: Die Türken haben das zugesagt, um im Beitrittsprozess voranzukommen. Das hat nichts mit dem Zypernproblem zu tun, die Türken sollten das nicht miteinander verknüpfen.

STANDARD: In der Türkei stehen im kommenden Jahr Wahlen an, das macht die Dinge nicht einfacher. Werden sie ein Veto im Beitrittsprozess einlegen, falls Ankara seine Verpflichtungen nicht einhält?
Papadopoulos: Die Fortschritte der Türkei werden im Oktober oder November überprüft. Was ich Ihnen jetzt schon sagen kann, ist, dass ich es nicht tolerieren werde, dass man uns sagt, man müsse der Türkei hier mehr Zeit einräumen. In dieser Frage gibt es keine Entschuldigungen. Herr Erdogan steht vor Wahlen? Wieso müssen wir ihm dann helfen? Er muss sich schon selber helfen. Im Übrigen: Es ist nicht die Frage, ob wir ein Veto einlegen. Vielmehr könnte es fraglich werden, ob wir weitere Verhandlungskapitel im Beitrittsprozess öffnen. Auch dafür bedarf es der Zustimmung aller 25 Mitgliedsländer.

STANDARD: Haben Sie beim jüngsten EU-Gipfel in Wien mit Herrn Erdogan darüber gesprochen? Papadopoulos: Seit fast zwei Jahren versuche ich, ein Treffen mit Herrn Erdogan zustande zu bringen. Bisher habe ich keine positive Antwort bekommen. Wann immer ich ihn treffe, geben wir uns die Hand, tauschen ein paar Worte. Aber Substanzielles besprechen wir nicht, obwohl sich zuletzt Österreich sehr bemüht hat, in der Sache etwas voranzubringen. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2006)