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Benjamin Raich, Trophäensammler

Foto: Reuters/Mayama
Wien - Österreichs Ski-Superstar Benjamin Raich ist am Samstag endgültig am Ziel seiner Kindheitsträume angekommen. Exakt 19 Tage nach seinem ersten Olympiasieg am 20. Februar fixierte der 28-jährige Tiroler nun auch seinen ersten Triumph im Gesamtweltcup.

"Olympiasieger und Gesamtweltcup-Sieger, das waren Riesenziele von mir. Vor allem der Gesamtweltcup-Sieg bedeutet mir viel, ist er doch der Beweis für Konstanz", betonte Raich, nachdem er innerhalb von nicht einmal drei Wochen Olympia-Goldene in Slalom und Riesentorlauf sowie die große Kristallkugel erobert hatte.

Eilzugstempo

Der "Blitz aus Pitz" hat somit im Eilzugstempo das geschafft, was bisher nur einem einzigen Österreicher, nämlich Hermann Maier im Jahre 1998, gelungen ist: Doppel-Olympiasieger und Gesamtweltcup-Triumphator im selben Jahr!

Raichs "Goldrausch" begann vor 13 Monaten bei den alpinen Weltmeisterschaften in Bormio, wo er bei fünf Starts auf ebenso viele Medaillen kam. Die WM in der Lombardei verließ der Pitztaler als Doppel-Weltmeister (Slalom und Kombination), zweifacher "Vize" (Riesentorlauf und Teambewerb) sowie Bronzemedaillengewinner im Super G. Nach seiner neuerlichen Super-Saison hält Raich, der 2001 in St. Anton Slalom-Silber und 2002 in Salt Lake City Olympia-Bronze in Slalom und Kombination erobert hatte, nun schon bei zehn Medaillen.

Erfolgsgeheimnis

Sein Erfolgsgeheimnis ist neben Trainingsfleiß die unvergleichliche Fähigkeit, in entscheidenden Situationen - auch nach Rückschlägen - kühlen Kopf zu bewahren. "Der Benni ist innerlich wirklich so cool, wie er wirkt." Das sagt Bennis Schwester Carina. Und die ehemalige Weltcup-Läuferin, die am Dienstag 27 Jahre alt wird, muss es wissen, denn sie hat die gesamte Jugend mit ihrem um ein Jahr älteren Bruder verbracht.

Bennis Motto mag zwar nicht sehr spektakulär, aber dafür einfach und auch mental überaus effizient sein: "Wenn ich etwas gewinne, dann freue ich mich. Wenn nicht, geht es mir trotzdem gut. Mir ist wichtig, dass ich gesund bin und nette Leute um mich herum habe."

Alpin-König in Turin

Bester Beweis dafür ist die Tatsache, wie Raich seinen bitteren Einfädler auf dem Weg zum Sieg in der Olympia-Kombination in Sestriere wegsteckte und nicht einmal eine Woche später Gold im Riesentorlauf gewann. Weitere fünf Tage danach krönte er sich mit dem Slalom-Sieg zum Alpin-König der Winterspiele im Piemont.

Bodenständig ist auch Raichs Lebensweise. Der Freund von Marlies Schild - mit Kombi-Silber und Slalom-Bronze ebenfalls zweifache Olympia-Medaillen-Gewinnerin 2006 - wohnt nach wie vor zu Hause bei seinen Eltern in Arzl. Einen PR-Betreuer braucht Benni trotz seiner sensationellen Erfolge nicht, um die nie enden wollende Fanpost kümmern sich u.a. Mutter Christine und Schwester Carina.

Geld und Luxus bedeuten dem Sieger von 22 Weltcup-Bewerben nicht sehr viel, "aber ich bin zufrieden mit dem, was ich bisher verdient habe". Erst "irgendwann" will sich Raich ein eigenes Haus bauen, allerdings nicht in einer Stadt, sondern wahrscheinlich im heimischen Pitztal.

Tadellose Erfolgsgeschichte

Sportlich blickt der 1,82 m große Skirennläufer auf eine ÖSV-Karriere wie aus dem Lehrbuch zurück. Seit 1995 im rot-weiß-roten Team, feierte Raich bereits in Nachwuchszeiten herausragende Erfolge, in Slalom und Riesentorlauf konnte dem Shooting Star kaum jemand das Wasser reichen. 1996 in Schwyz (Slalom), 1997 in Schladming (RTL) und 1998 in Megeve (RTL, Slalom, Kombination) kürte sich der Tiroler insgesamt fünfmal zum Junioren-Weltmeister, im Europacup räumte er 1997/1998 den Gesamtsieg sowie die Disziplinen-Wertungen in Slalom und Riesentorlauf ab.

Den Durchbruch im Weltcup schaffte Raich im Jänner 1999 als 20-Jähriger im Nachtslalom in Schladming, den er bis heute dreimal, so oft wie kein anderer, gewonnen hat. Mit einer Weltrekord-Aufholjagd wedelte er damals vor 35.000 Zuschauern - mit einem Superman-Shirt unter dem Renntrikot - im zweiten Durchgang vom 23. auf den ersten Rang - sein erster Weltcup-Erfolg, der "Blitz aus Pitz" war geboren.

Vom Techniker zum Allrounder

Die Wandlung von Raich vom Techniker zum Allrounder war einer der genialsten ÖSV-Schachzüge der vergangenen Jahre. Im Frühjahr 2003 gründete die ÖSV-Crew eine neue Trainingsgruppe mit dem Namen "WC 4", hinter dem Kürzel verbirgt sich "Weltcup - 4 Disziplinen". Die "WC 4" dient seitdem als Basislager für die ÖSV-Gesamt-Weltcup-Anwärter, die Mitglieder sind neben Raich auch noch Hermann Maier, Michael Walchhofer, Mario Matt und Mario Scheiber.

Seitdem trainiert Raich verstärkt die Speed-Disziplinen Abfahrt und Super G. Mit Erfolg: Im Super G wurde Raich 2005 in Bormio WM-Dritter und 2005 im Weltcup in Lake Louise Zweiter, in der Abfahrt ist der zehnte Platz von Kitzbühel 2006 sein bis dato bestes Ergebnis. Für seinen Gruppentrainer Andi Evers hat er längst das Zeug für Siege in allen Disziplinen, womit die nächsten Ziele des Weltcup-Gesamtsiegers klar definiert sind. (APA)