Port-au-Prince - Die EU-Beobachter der Wahlen in Haiti haben die mangelhafte Vorbereitung des Urnengangs kritisiert. Sie begrüßten am Dienstag (Orstzeit) zugleich, dass die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in dem Karibikstaat vergleichsweise gewaltfrei verliefen. "Eine derartig motivierte Bevölkerung hätte gut vorbereitete und gut organisierte Wahlen verdient", sagte der Chef der EU-Beobachtermission, Johan Van Hecke.

Die Öffnung der Wahllokale habe sich bedauerlicherweise wegen "technischer und logistischer Probleme" vielerorts um bis zu zwei Stunden verzögert. Der belgische Abgeordnete sagte, die Wähler hätten bewundernswerte Geduld bewiesen.

Vor den Wahlbüros hatten sich zum Teil schon Stunden vor Beginn des Urnengangs lange Menschenschlangen gebildet. Nach UN-Angaben erlitt eine Frau im Gedränge vor einem Wahllokal in der Hauptstadt Port-au-Prince einen Herzinfarkt, ein Mann erstickte. Mehrere Menschen wurden verletzt, als ungeduldige Wähler noch nicht geöffnete Lokale stürmen wollten.

Zu einem schweren Zwischenfall kam es vor einem Wahllokal in Gros-Morne im Nordwesten von Haiti. Dort wurden nach Rundfunkangaben bei einer Schießerei ein Polizist und ein Zivilist getötet und vier weitere Menschen teils schwer verletzt. Im Gedränge vor einem Wahllokal in der nordhaitianischen Stadt Limbé erlitt ein chilenischer Soldat der UN-Truppe für Haiti (MINUSTAH) eine Stichwunde. Außerdem wurden 22 Menschen verletzt, als die Mauer eines Wahlbüros in der Stadt Saint-Louis du Nord einstürzte.

Unterdessen begann in dem bitterarmen Karibikstaat - zum Teil bei Kerzenlicht - die Auszählung der Stimmen. Mit Ergebnissen wurde nicht vor Freitag gerechnet. Als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat galt Rene Preval, früherer Staatschef und Gefolgsmann des 2004 gestürzten und ins Exil getriebenen Präsidenten Jean Bertrand Aristide. Weit abgeschlagen folgten laut Umfragen der weiße Industrielle Charles Baker und der Historiker Leslie Manigat, den das Militär 1988 nach einigen Monaten aus dem Amt des Staatspräsidenten geputscht hatte. Allerdings war unklar, ob Preval die für einen Wahlsieg im ersten Durchgang erforderliche Mehrheit von mehr als 50 Prozent erreichen werde. (APA)