Brüssel/Wien - Rassistische und fremdenfeindliche Übergriffe werden in den meisten EU-Staaten noch immer nicht ausreichend erfasst. Darauf machte die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Wien am Freitag aufmerksam. "Wir brauchen effektive Datenerfassungssysteme, um die Situation managen zu können", sagte EUMC-Direktorin Beate Winkler der Nachrichtenagentur AP. "Die meisten Mitgliedstaaten sind da sehr, sehr zurückhaltend."

Nach aktuellen Zahlen der Behörde gab es in Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 6.400 Vorfälle. Damit rangiert die Bundesrepublik in der Gesamtzahl hinter Großbritannien auf dem zweiten Platz unter den EU-Staaten. Winkler wies aber darauf hin, dass in Deutschland nur Vorfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund registriert würden. Rassistische Übergriffe als solche würden wie in Österreich in die Daten nicht aufgenommen.

Effektivstes System in Großbritannien

Dass Großbritannien die meisten Übergriffe meldete, heißt nicht, dass die Briten besonders fremdenfeindlich wären. Laut Winkler hat das Vereinigte Königreich unter den EU-Staaten das effektivste System zur Datenerfassung und eine "besonders gute Gesetzgebung". So seien 2003 in Großbritannien 52.000 Vorfälle registriert worden, in Dänemark 52 und in Italien keine, erläuterte Winkler. Dies sage über die Fremdenfeindlichkeit in Italien aber nichts aus, sondern lediglich über die Qualität der dort erfassten Daten.

Zufrieden stellend seien die Datenerfassungssysteme auch in Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland und Schweden, sagte Winkler. Neben Italien müssten vor allem auch Portugal, Spanien, Griechenland und einige der neuen Mitgliedstaaten der EU die Datenerfassung verbessern. In Deutschland und Österreich müssten auch Vorfälle mit rein fremdenfeindlichem Hintergrund erfasst werden, forderte die EUMC-Direktorin.

Kaum Diskriminierungs-Daten

Außerdem verfüge die Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten kaum über Daten, die Diskriminierung in Wirtschaft und Gesellschaft offen legen würden, sagte Winkler. Hierzu müsse die Statistik auch erfassen, wie Personen unterschiedlicher ethnischer oder nationaler Herkunft auf dem Arbeitsmarkt oder im Erziehungswesen zurechtkämen. Die EU-Justiz- und Innenminister seien jetzt gefragt, die Daten möglichst nach einheitlichen Kriterien zu erheben, damit sie auch wirklich aussagekräftig seien.

Mit Hilfe der Daten müssten Politiker dann handeln, "um die Probleme, aber auch die Chancen des Zusammenlebens aufzugreifen", sagte Winkler. "Wir müssen alles tun, um Parallelgesellschaften zu vermeiden. Abgebrochener Kontakt kann leicht zu Gewalt führen." (APA/AP)