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Foto: APA/EPA/Leica
Es gibt im Grunde nur zwei - höchst unterschiedliche - Charaktereigenschaften, die im Zeitalter der Digitalfotografie den wahren Leica -Fan auszeichnen: "Entweder sind es Leute, die zur Kamera eine intensive Liebesbeziehung haben, oder es handelt sich um Anleger, die in ihr ein interessantes Sammlerobjekt, eine sichere Geldanlage sehen", sagt Franz Gibiser.

Er muss es als Prokurist des vom Eigentümer Peter Coeln ins Leben gerufenen "Leica-Shops" in Wien wissen. Mit dem in Schwierigkeiten geratenen Markenunternehmen im hessischen Solms hat dieser "Shop" nichts zu tun. Für Feinspitze interessant: Wer hätte gedacht, dass aus dem Haus in der Westbahnstraße in wenigen Jahren das weltweit wohl erfolgreichste Auktionshaus für Photographica wurde, neben dem Normalgeschäft mit soliden Kameras?

Hochpreisiges

Der Name Leica bürgt für Qualität, steht wie Porsche oder Mercedes für deutsche Industriegeschichte, für hochpreisige Produkte. Dass man etwas verrückt oder reich sein muss, um Sammlerstücke zu ersteigern, zeigt ein kurzer Blick in den Auktionskatalog: Mit 40.000 Euro ist etwa eine M 3 1083 aus dem Jahr 1956 ausgerufen. Wert: 90.000 bis 110.000 Euro. Um so etwas reißen sich die Sammler, denn es geht nicht um einen Fotoapparat, sondern um einen Mythos.

Verkaufsschlager

Begonnen hat alles, als die Bilder laufen lernten. Der gelernte Feinmechaniker Oskar Barnack erhielt beim Familienunternehmen Leitz in Wetzlar den Auftrag, die Kinofilmkamera weiterzuentwickeln. Er baute eine Minikamera, die es erlauben sollte, die Belichtung von 35mm-Filmen zu messen. Nebeneffekt: Das Gerät machte erstaunlich gute Aufnahmen - die "Ur-Leica" war geboren. 1925 wurde diese bei der Leipziger Messe gezeigt, die Kamera bald ein Verkaufsschlager. Die Fotografie gelangte auf die Straße, und Barnack hatte somit auch dem modernen Fotojournalismus den Weg geebnet.

Maßstäbe

Dass Leica über Jahrzehnte die Maßstäbe setzte, lag an den Qualitätsmerkmalen und Erfindungen: Leitz-Optiken waren die besten. Der Auslöser ist extrem leise, kaum hörbar. Nach den Schraubgewinden baute man nach dem Krieg in die legendären M-Kameras die so genannten Bajonettverschlüsse, mit denen sich Objektive rasch wechseln ließen.

Ikonen

In den 50er- und 60er-Jahren sorgten die weltbesten Fotografen dafür, dass Leica-Bilder zu Ikonen wurden. Fast jeder kennt sie: Den Soldaten im spanischen Bürgerkrieg, der mit ausgebreiteten Armen in den Tod fällt, aufgenommen vom Kriegsreporter Robert Capa; die Meisterwerke, die Henri Cartier-Bresson in Paris schoss; oder das nackte vietnamesische Kind, das auf der Flucht vor einem Napalmangriff dem AP-Fotografen Huynh Cong Ut vor die Linse lief, mit ein fotografischer Grund für das Ende des Vietnamkrieges. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 13.4.2005)