Leonhard Stock und Gundula Reibersdorfer vor ihrem Hotel. Die Saison läuft gut, die Berichte über die Schneesituation könnten für den Olympiasieger positiver sein.

Foto: Olympia-Relax-Hotel Leonhard Stock

Alljährlich trifft sich Stock zum Skifahren mit einigen Kapazundern von anno dazumal im Zillertal. Wie etwa Peter Wirnsberger, Anton "Jimmy" Steiner und David Zwilling (v.li).

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Leonhard Stocks Tag beginnt um 6.45 und endet um etwa 24 Uhr. "Es geht los mit dem Frühstücksbuffet, weil man die Leute nicht mehr hat, die man gerne hätte. Es ist ein bissl mühsam, aber es passt schon", sagt der frühere Skirennläufer, der in Finkenberg im Zillertal mit seiner Partnerin Gundula Reibersdorfer das mit vier Sternen ausgezeichnete Olympia-Relax-Hotel führt. "Wir können nicht jammern, die Saison verläuft gut", sagt der 64-Jährige.

Als 22-Jähriger hat er 1980 bei Olympia in Lake Placid sensationell Gold in der Abfahrt geholt. Dabei waren die Vorzeichen alles andere als günstig gewesen. "Vor Olympia bin ich in Val-d’Isère auf die Schulter geflogen, habe mir ein Bandl gerissen, und beide Knie waren ramponiert." Nach einer Pause habe er extrem trainiert, damit er so schnell wie möglich wieder fit werde. "Ich war mit den Skistöcken in der Klinik und habe beim Eingipsen aufgepasst, dass ich danach Skifahren kann", sagt der gelernte Industriekaufmann. Mit Gips um den Oberkörper hat er dann täglich angeschnallt und ist danach "noch durch den Schnee zur Mittelstation hinaufgestapft".

Bald nach der Gipsabnahme wurde er Fünfter in der Abfahrt in Wengen. Für Olympia musste er sich jedoch erst einen Startplatz erkämpfen. Das Problem: Die Kapazunder Harti Weirather, Peter Wirnsberger, Werner Grissmann und der amtierende Weltmeister Sepp Walcher waren eigentlich gesetzt. Die Abfahrtsstrecke in Lake Placid lag ihm jedoch gut, bei der Generalprobe im Jahr davor war er Vierter. "Und da hatte ich Pech mit der Nummer eins bei Neuschnee."

14. Februar 1980: Leonhard Stock rast in Whiteface Mountain zu olympischem Abfahrtsgold. Landsmann Peter Wirnsberger wird vor dem Kanadier Steve Podborski Zweiter.
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Im ersten Training für die Olympia-Abfahrt fuhr der Ersatzmann dann Bestzeit. "Aber Cheftrainer Charly Kahr hat gesagt, der Stock muss schon fünf Sekunden vorne sein, dass er eine Chance hat." Und Stock war dann tatsächlich fünf Sekunden vor dem Zweitbesten, sein Ticket hatte er damit dennoch nicht. Eine interne Qualifikation sollte entscheiden. "Ich bin wieder Bestzeit gefahren." Danach habe es geheißen, er dürfe starten, doch er musste noch einen Quali-Lauf bestreiten, während die Medien bereits Druck auf Kahr und den Verband ausübten. "Die Journalisten sind hinter mir gestanden. Es ist ziemlich rundgegangen, das war ein Wahnsinn. Ich habe ihnen viel zu verdanken."

Damals hatten die Skifirmen bei der Aufstellung ein kräftiges Wort mitzureden. "Ein Franz Kneissl, ein Alois Rohrmoser von Atomic, ein Anton Arnsteiner von Blizzard und ein Pepi Fischer haben im Hintergrund anständig Gas gegeben. Ich bin Kneissl gefahren. Kästle hat geschaut, dass Grissmann und Walcher reinkommen. Sie haben ihre Macht ausgespielt." Bei Walcher vergebens, er musste zusehen.

Die gute Seele

Mit der Goldmedaille hat sich für Stock nicht gravierend viel verändert. "Der Vorteil ist, dass man Olympiasieger bleibt und immer wieder wo dabei ist." Allerdings hatte er danach viele Termine und keinen Manager. "Früher haben wir fast alles selbst gemacht. Ich musste da- und dorthin. Ich bin eine viel zu gute Seele, sage nicht Nein, aber das hätte ich nicht tun sollen. Heute hat jeder seinen Manager."

Dass heutzutage immer mehr Rennläufer auf Privattraining setzen, goutiert Stock nicht. "Früher waren wir ein Team. Ich hatte Klammer vor mir, beim Videoschauen, beim Fahren, beim Konditionstraining. Franz hat mich auf den Berg aufizaht, ich hab mitgebissen, wo es nur irgendwie ging." Der achtmalige Weltcupsieger Marcel Hirscher sei von der Einstellung her eine Ausnahme gewesen, aber besser sei es, sich gegenseitig zu pushen.

Einmal pro Woche geht Leonhard Stock mit seinen Gästen im Zillertal Skifahren.
Foto: Olympia-Relax-Hotel Leonhard Stock

Seinen ersten von drei Weltcupsiegen in der Abfahrt hat Stock erst 1989 in Laax in der Schweiz gefeiert, danach noch 1990 in Val-d’Isère und 1992 in Gröden gewonnen. "Ich war 1981, 82, 84 und 85 jeweils verletzt, das war ein Schas, aber dann ist es wieder weitergegangen. Man darf einfach nicht aufgeben."

Der Verdienst von damals sei mit heute nicht vergleichbar. "Aber die guten Fahrer haben auch seinerzeit schon gut verdient. Mir ist nichts abgegangen." Zeit zum Feiern war aber schon damals knapp. "Wir haben vielleicht einmal ein Glasl getrunken, außer nach meinem Olympiasieg, da hat das Hippacher-Trio aus dem Zillertal im Österreichhaus in Lake Placid aufgespielt. Da haben wir es schon krachen lassen."

1993 hat Stock mit 35 seine Karriere beendet, obwohl er sich noch fit fühlte, weil er von schweren Verletzungen verschont geblieben war. "Der Kopf war nicht mehr so dabei, aber es hat mir auch jeder eingeredet, dass ich alt bin."

Kreuz und Knie

Im vergangenen September hat er eine Teilprothese ins Knie bekommen, aber es gehe ihm gut. "17 Jahre Weltcup gehen nicht spurlos vorüber, aber das Kreuz tut auch denen weh, die nicht Weltcup fahren. Ich bin auf einer Landwirtschaft aufgewachsen, war laufend mit meinem Bruder auf der Alm, und wir sind immer runtergetigert, das ist auch nicht das Beste."

Man trifft sich auch mal beim Golfspiel: David Zwilling, Stephan Eberharter, Hansi Hinterseer, Hubert Neuper, Leonhard Stock, Franz Klammer, Armin Kogler und Anton Steiner.
Foto: Olympia-Relax-Hotel Leonhard Stock

Stock hat den Familienbetrieb nach dem Tod seines Vaters 1988 übernommen, inzwischen mehrmals umgebaut und renoviert. Er ist seit 1999 geschieden, hat drei Kinder, Thomas (40), Julia (39), Bianca (34), und acht Enkelkinder. Deren Großvater geht gerne Ski fahren, wandern, Golf spielen und auf die Jagd. Sein Herz bleibt "mit dem Sport verwachsen", wie er sagt. "Wenn es irgendwie geht, schaue ich immer Skirennen, Fußball, aber auch Golf, am liebsten, wenn die Österreicher dabei sind."

Keine Freude hat der Hotelier mit der Berichterstattung über weiße Schneebänder. "Wir hatten im Winter oben immer gute Verhältnisse. Wenn im Tal beschneit wird, damit die Kinder dort rutschen können, und links und rechts ist es grün, dann kommt das in die Zeitung. Das finde ich nicht in Ordnung. Es ist schade, damit macht uns die eigene Medienlandschaft schlecht. Wir brauchen den Tourismus, leben davon. Und bevor es gar nicht geht, ist ein Bandl schon gscheiter." Zudem brauche es eine Grundbeschneiung auch oben als "Unterlage für die Masse der Leute". (Thomas Hirner, 7.3.2023)