Das Leiberl mit der Nummer sieben ist der Hit im Shop von Al-Nassr. Aufs Merchandising sind die Saudis aber nicht angewiesen.

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Weltmeister Lionel Messi tut es, WM-Schützenkönig Kylian Mbappé tut es – gegen Unsummen das Image von Diktaturen aufpolieren, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Nur noch in puncto Handaufhalten kann Cristiano Ronaldo mit dem Argentinier und dem Franzosen mithalten, ja, da übertrifft sie der einstige Torgarant sogar. "500 Millionen Euro für zwei Jahre", titelte A Bola, nachdem CR7 beim saudischen Klub Al-Nassr unterschrieben hatte. 386 Euro pro Minute kassiere der 37-Jährige künftig, rechnete die portugiesische Sportzeitung vor – auch wenn er in Morpheus’ Armen liegt.

Der Schlaf des Gerechten, so sind sich die Kritiker einig, kann das nicht sein. Abgesehen davon, dass Ronaldo zum prominentesten Gesicht des Sportwashing durch das Wahhabiten-Königreich wird. Vom großen Fußball hat sich der fünfmalige Weltfußballer, der Sammler von 34 großen Titeln, der Europameister von 2016, der Rekordtorschütze damit wohl endgültig verabschiedet.

Freilich hat Ronaldo gelächelt, als er mit dem blau-gelben Trikot seines saudischen Arbeitgebers posierte. Dass er sportlich in der Bedeutungslosigkeit versinkt, focht ihn offenbar nicht an. "Ich kann es kaum erwarten, eine neue Liga in einem neuen Land zu entdecken", wurde er im offiziellen Statement des Klubs zitiert. Die Vision des Vereins aus der Hauptstadt Riad sei sehr inspirierend: "Ich freue mich darauf, zur Mannschaft zu stoßen, damit wir zusammen dem Team zu mehr Erfolg verhelfen können."

Tochter der Zeit

Noch vor wenigen Jahren hatte der Superstar ganz anders geklungen. "Ich möchte meine Karriere auf dem höchsten Level beenden, in Würde und bei einem guten Klub", hatte Ronaldo 2015 in einem Interview gesagt. Später lästerte er einmal über den Spanier Xavi, der Ex-Star des FC Barcelona habe "keine Relevanz" mehr, weil er in Katar spiele. Nun zog das Geld Ronaldo in eine Liga, die international bisher kaum Beachtung findet.

Genaue Zahlen gibt es nicht, außer die der Vertragslaufzeit bis Juni 2025. Ronaldos reines Jahresgehalt soll bei rund 200 Millionen Euro liegen, hinzu kommen kräftige Sponsoreneinnahmen. Zudem wird erwartet, dass er Botschafter für Saudi-Arabiens Bewerbung um die WM 2030 wird.

Ansturm auf Instagram

Im Königreich brach eine Ronaldomania aus. Beim Fanshop des Klubs bildeten sich lange Schlangen, alle wollten das Trikot mit der Nummer sieben kaufen. Innerhalb von 24 Stunden wuchs die Zahl der Instagram-Follower des Klubs von 860.000 auf 4,7 Millionen. Am Donnerstag soll Ronaldo den Fans präsentiert werden, dann dürfte die Begeisterung endgültig überschwappen.

Für Saudi-Arabien, das auch Messi als Botschafter unter Vertrag hat, ist der Transfer mit Sicherheit ein Hauptgewinn. "Hier wird mehr als nur Geschichte geschrieben", teilte Al-Nassr mit. Die Verpflichtung werde "unsere Liga, unsere Nation und künftige Generationen" inspirieren. "Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie wundervolle Erfahrungen im Königreich", schrieb Sportminister Abdulasis bin Turki al-Faisal auf Twitter.

Ronaldo, dessen Familie ihm aber wohl kaum in die Wüste folgen wird, muss sich kräftig umstellen. Nach Stationen wie Manchester United, Juventus Turin oder Real Madrid spielt er nun bei einem Verein, dessen Zuschauerschnitt vergangene Saison knapp über 8000 lag, sowie gegen international kaum bekannte Profis – und nicht einmal in der asiatischen Champions League. In der vergangenen Saison der Saudi Professional League belegte Al-Nassr Rang drei.

Die Alternative für Ronaldo wäre wohl ein Wechsel in die USA gewesen, Sporting Kansas City soll interessiert gewesen sein. Sein Berater soll zuvor in allen großen Ligen angeklopft haben, sogar bei Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt, wie Klubboss Axel Hellmann verriet. Niemand schlug zu – zu teuer, zu launisch, zu wenig Zukunft. Die Saudis denken und zahlen anders. (sid, lü, 1.1.2023)