Der Aufstieg hin zu einem Faktor der österreichischen Innenpolitik erfolgte auffallend rasch und war vor allem der pandemischen Lage in den vergangenen beiden Jahren geschuldet. Jetzt beginnt hingegen das einstige Bollwerk gegen Corona-Maßnahmen zu bröckeln – österreichweit geht ein tiefer Riss durch die MFG.

Von Ende September bis Ende Oktober sind allein heuer sieben der neun MFG-Landeschefs zurückgetreten. Nur in Vorarlberg und Oberösterreich gab es keinen Wechsel an der Spitze. Auffallend viele Rücktritte gab es vor allem lokal in Oberösterreich, etwa in Wels und Steyr. Und seit dem vergangenen Wochenende ist MFG auch im Linzer Gemeinderat nicht mehr vertreten. Die impfkritische Gemeinderätin Vera Schachner trat ohne freundliche Grüße aus der Partei aus: Die MFG habe "ihre Werte verraten". "Macht, Geld und Vorteilsdenken" würden im Vordergrund stehen.

Die Unstimmigkeiten innerhalb der MFG bringen die Funktionäre zum Grübeln – so auch MFG-Bundesobmann Michael Brunner. Den niederösterreichischen Landtag wird man voraussichtlich verpassen.
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Eine Meinung, die sie mit dem wohl bekanntesten Abgang in den MFG-Reihen teilt: Ende September trat der damalige Bundesgeschäftsführer Gerhard Pöttler wutentbrannt den Rückzug an. Nur noch die Motive "Geld- und Machtgier" würden in der Partei den Ton angeben. Ihm folgte damals auch fast die gesamte MFG-Landesgruppe.

Pöttler und ein Großteil seiner Mitstreiter bleiben aber der Politik erhalten. Zu Wochenbeginn verkündete der ehemalige MFG-Bundesgeschäftsführer, dass er mit der Liste "Wir sind Salzburg" bei der Salzburger Landtagswahl am 23. April an den Start gehen werde.

Stimmprobleme

Wie schwierig es mittlerweile für die MFG ist, politisch entsprechend Fuß zu fassen, zeigt sich vor allem auch in Niederösterreich. Dort wird am 29. Jänner 2023 gewählt. Doch die landesweite MFG-Kandidatur droht zu kippen.

Bis 23. Dezember bleibt Zeit, Unterstützungen in den 20 Wahlkreisen zu sammeln. 50 pro Wahlkreis sind notwendig, um auf den Stimmzettel zu stehen – bisher schaffte das die MFG nur in den Bezirken St. Pölten und Tulln. Es fehlt schlichtweg an Personal. Fast der gesamte Landesvorstand ist in den letzten Wochen zurückgetreten. Als niederösterreichische Spitzenkandidatin wird Christine Lukaschek ins Rennen geschickt, sie war zuvor 25 Jahre lang SPÖ-Gemeinderätin. Sie rechnet nicht mehr mit einem landesweiten Antreten. Weitere vier Wahlkreise seien realistisch bis Freitag, mehr aber nicht, sagt Lukaschek im Gespräch mit dem STANDARD. "Der Einzug in den Landtag wäre schon ein großer Erfolg", fügt die Niederösterreicherin hinzu. Ein großangelegter Wahlkampf sei finanziell auch nicht möglich, landesweites Plakatieren bleibt damit aus.

"Kein Flächenbrand"

In Oberösterreich, wo bei der Landtagswahl 2021 noch 6,23 Prozent oder knapp 50.000 Oberösterreicher ihr Kreuz bei der MFG machten und der Partei den Einzug in den Landtag ebneten, sieht man keinen Flächenbrand in den eigenen Reihen. "Es gibt keinen Grund zur Unruhe. In Oberösterreich haben wir 56 Ortsgruppen und 44 Gemeinderäte in 27 Gemeinden. Vier sind seit der Wahl nun aus der Partei ausgetreten. Da läuten bei mir noch keine Alarmglocken", erklärt Oberösterreichs MFG-Landeschef Joachim Aigner im STANDARD-Gespräch.

Es sei die Auswahl der handelnden Personen damals "brutal schnell" gegangen: "Wir haben nur zehn Wochen Zeit gehabt bis zum Wahlsonntag. Da kann man nicht jeden prüfen." Da seien dann halt "leider immer auch Besserwisser und Selbstverwirklicher darunter".

"Klassische Sesselkleber"

Aber ist es dennoch nicht auffällig, dass die MFG-Abtrünnigen unisono von "Macht- und Geldgier" sprechen? Aigner: "Die idente Wortwahl deutet ja klar darauf hin, dass es konzertierte Aktionen sind. Da brauche ich nicht darüber nachdenken, von wem da schlechte Stimmung gemacht wird." Wen er damit meine? "Nur so viel: Wenn ein Bundesgeschäftsführer zuerst maßgeblich die Partei in Oberösterreich mit aufbaut und dann so aus der Partei austritt, sagt das eh schon alles über einen Menschen aus."

Überdies sei es "sehr interessant", dass "ausgerechnet jene ausgetretene Mandatare in den Statutarstädten" nun der Partei Macht- und Geldgier vorwerfen würden: "Jene, die künftig als wilde Abgeordnete weiter Fraktionsgelder einstreifen. Das sind klassische Sesselkleber. Da geht es um Geld und Macht – und nicht bei uns." (Markus Rohrhofer, Max Stepan 22.12.2022)