Eine Bruchlandung der Wirtschaft vermeiden, das ist das erklärte Ziel der Notenbanken dieser Welt. Stakkatoartig werden derzeit die Zinsen dies- und jenseits des Atlantiks zum Zweck der Inflationsbekämpfung erhöht. Zuletzt etwas schwächer, um die Konjunktur bloß nicht abzuwürgen. Mit etwas Verspätung bremst sich das Wachstum nun tatsächlich ein. Hierzulande dürfte im kommenden Jahr das Schreckgespenst Stagflation Realität werden. Das bedeutet kaum Wachstum bei weiterhin hoher Inflation. Anderswo ist es schlimmer: Beim großen Nachbarn Deutschland und im gesamten Euroraum wird für 2023 eine Rezession erwartet.

Sieht so die von den Notenbankern angestrebte sanfte Landung aus? Nicht ganz, aber es dürfte zumindest zu keinem Crash kommen. Das ist nach all den Verwerfungen durch Pandemie, Lieferkettenprobleme und die russische Invasion in der Ukraine mit ihren Folgen von Sanktionen bis Energiekrise durchaus bemerkenswert. Im Lichte der großzügigen Antiteuerungs- und Energiekostenzuschüsse überrascht es wiederum kaum, dass Konjunktur und Nachfrage bisher nicht abgestürzt sind. Allerdings – das ist die Schattenseite – blieb dadurch auch der Inflationsdruck hoch. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr liegt wohl nicht ganz falsch, wenn er sagt, wir hätten das einer Mischung aus Glück und besserer Wirtschaftspolitik zu verdanken.

Die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Dynamik der Inflation lange Zeit unterschätzt.
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Fehlende Inflationsbekämpfung

Bei der Inflationsbekämpfung, der ureigenen Aufgabe der EZB, ist ein gedeihliches Zusammenspiel mit den Regierungen nicht erkennbar. Denn die Notenbanken sollen die Kohlen aus dem Feuer holen, bei der dazugehörigen Haushaltsdisziplin sind die Euroländer säumig. Sie verteilen undifferenziert Milliarden an Hilfen – und Österreich spielt hier ganz vorn mit.

Auch deswegen ist der Erfolg bei der Inflationsbekämpfung bisher kaum sicht- oder spürbar. Im November lagen die Verbraucherpreise im Euroraum um zehn Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Österreich ist auch hier an der Spitze, der Verbraucherpreisindex lag im November bei 10,6 Prozent.

So verwundert es nicht, dass die Leitzinserhöhungen, ein starkes Instrument der Geldpolitik, bisher wenig Wirkung entfalteten. Der einzige Vorwurf, den sich die EZB-Spitze gefallen lassen muss, ist jener, dass sie die Dynamik der Inflation lange Zeit unterschätzt hat.

Kollateralschäden

Aber das ist vergossene Milch. Jetzt tun die Notenbanker, was laut ihrem Mandat dringend angeraten ist, um zu Preisstabilität zurückzukommen: Sie verteuern die Kreditaufnahme. Der Kollateralschaden dabei: Sie dämpfen das Wachstum. Zu schnell wäre fatal für die Konjunktur, zu langsam ein Drama auf der Inflationsseite, wobei gegen die hohen Energiepreise ohnehin kaum etwas auszurichten ist, weil diese mit dem teuren Öl und Gas importiert werden. Trotzdem kann die Geldpolitik dazu beitragen, dass die Teuerungsrate nicht auf Dauer hoch bleibt.

Nun muss auch die Politik in die Gänge kommen. Sie sollte sich dabei nicht auf das Glück verlassen, sondern mit dem ihr anvertrauten Steuergeld haushalten, anstatt das Geld auszugeben, als gäbe es kein Morgen. Ausufernde Defizite für Energie- und sonstige Hilfen, von denen die Bevölkerung ohnehin vermeint nichts zu spüren, sind nicht zielführend. Da nun auch die Zinsen für die Staatsschulden steigen, werden Sparpakete bis hin zu Einschnitten im Sozialsystem kaum zu vermeiden sein. (Regina Bruckner, 15.12.2022)