Die wissenschaftliche Arbeit des Bundespolizeidirektors Michael Takàcs sei seitenweise aus dem Internet kopiert, lautet Webers Vorwurf.

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Der als "Plagiatsjäger" bekannte Kommunikationswissenschafter Stefan Weber hat die Masterarbeit des Bundespolizeidirektors Michael Takács wegen angeblicher Qualitätsmängel kritisiert. Auf Webers Homepage hält der Plagiatsgutachter fest, dass die Masterarbeit "seitenweise, jedenfalls zu mehr als zehn Prozent, 1:1 aus dem Internet kopiert" sei. "Mit akademischer Ausbildung oder Wissenschaft hat das jedenfalls nicht das Geringste zu tun", hält Weber fest und führt dafür Beispiele an.

So zitiere Takács stellenweise eine Internetsekundärquelle, die er allerdings nie als Quelle anführe. Zudem habe der Verfasser der Arbeit mehrere Definitionen in der Arbeit aus dem Online-Lexikon Wikipedia ohne Quellenangabe kopiert. Im Literaturverzeichnis würden sich außerdem mehrere Verstöße gegen die urheberrechtliche Verpflichtung zur hinreichend genauen Angabe der Quelle finden.

Weber stellt sogar die Frage in den Raum, ob Takács, der 2006 den Master of Science der Donau-Universität Krems erhielt, diesen Titel überhaupt zu Recht führt. Takács ist Leiter der seit Juli 2022 existierenden Bundespolizeidirektion in der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit. Davor war er Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien. Bekannt ist er einer breiteren Öffentlichkeit vor allem in seiner Rolle als Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung unter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP). Der gebürtige Wiener ist Gemeinderat der ÖVP in Groß-Enzersdorf.

"Reines Privatvergnügen"

Auf die Kritik Webers angesprochen sagt Takács im Gespräch mit dem STANDARD: Er könne zum jetzigen Zeitpunkt nichts zu den Vorwürfen sagen – er könne sie weder abstreiten noch irgendetwas bestätigen, dies sei "völlig unseriös", denn: Diese Arbeit liege 16 Jahre zurück, er müsse sich zunächst einmal selbst einen Überblick verschaffen, sich das Werk zukommen lassen, es lesen, mit seiner damaligen Betreuerin sprechen.

Prinzipiell aber halte er fest, sagte Takács: Es habe sich hier nicht um ein Studium gehandelt, sondern um einen Lehrgang – und außerdem um ein "reines Privatvergnügen", das er sich selbst finanziert habe: Dieser Abschnitt in seinem Lebenslauf habe "keinerlei dienstliche Relevanz". Er gehe aber davon aus, dass Weber "sein Handwerk beherrscht" – und wenn dieser nach heutigen Standards zu den erwähnten Schlüssen kommt, nehme er das zur Kenntnis.

Aschbachers Rücktritt, Vorwürfe gegen Zadić

Weber legte auf seinem Blog für wissenschaftliche Redlichkeit bereits zahlreichen Politikerinnen und Politikern unsauberes wissenschaftliches Arbeiten zur Last. Im Jänner 2021 trat die Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) zurück, nachdem Stefan Weber in ihrer Dissertation allerlei Verfehlungen – von der abgekupferten Formulierung bis zum blanken Nonsens – angeprangert hatte. Auch Aschbachers Diplomarbeit enthalte bedenkliche Stellen, hat Weber damals behauptet. Ein Jahr später nahm er erneut eine ÖVP-Politikerin ins Visier. "Zahlreiche Plagiate und Quatsch" berge auch die im April 2009 eingereichte Diplomarbeit der heutigen Frauenministerin Susanne Raab, schrieb er im Jänner 2022 in seinem Blog. Aschbacher und Raab haben stets jedes Fehlverhalten bestritten.

Im Februar 2022 zog dann ein anonymes Gutachten die Doktorarbeit der amtierenden Justizministerin der Grünen, Alma Zadić, in Zweifel. Das ÖVP-nahe Onlinemedium "Exxpress" hatte dieses der Universität Wien übermittelt, die anschließend ein Prüfverfahren einleitete – das Ergebnis soll vermutlich nach dem Sommer vorliegen.

Zadić hatte 2017 über den Einfluss des Uno-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) auf die Rechtsentwicklung in den Nachfolgestaaten dissertiert. Der Plagiatsexperte Weber sah einige stichhaltige Belege für "systematisch falsches Zitieren", er erklärte aber auch, er erhebe keinen Plagiatsvorwurf. Aus Zadićs Büro hieß es, man begrüße, "dass die anonymen Vorwürfe damit objektiv durch Wissenschafter:innen überprüft und ausgeräumt werden können".

Auch in den jüngsten Büchern der deutschen Politikerin Annalena Baerbock sowie der Publizistin Diana Kinnert will der in Salzburg lebende Kommunikationswissenschafter Weber zahlreiche Textübernahmen aus Zeitungsartikeln und Sachbüchern aufgespürt haben. Im Fall der deutschen Außenministerin handelt es sich um ein politisches Sachbuch und keine wissenschaftliche Dissertation mit entsprechenden Zitierregeln. Darauf wies Weber in seinem Blog auch hin. Auch Angaben über ihren Lebenslauf zog er in Zweifel. (giu, 25.7.2022)