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Bei der Gemeinderatswahl in Perchtoldsdorf wurde es besonders knapp.

Foto: dpa-Zentralbild/Robert Michael

Perchtoldsdorf – Am Abend der Gemeinderatswahl am Sonntag war der Volkspartei in Perchtoldsdorf noch nach Trübsalblasen. Ganz knapp, aber doch war die absolute Mehrheit verloren gegangen: 18 von 37 Mandaten im Gemeinderat. "Der Wähler war am Wort und hat so entschieden. Das muss man zur Kenntnis nehmen", sagte Bürgermeister Martin Schuster (ÖVP) zu den "Niederösterreichischen Nachrichten".

Doch schon am Montag hatte sich das Blatt gewendet: Die Gemeindewahlbehörde zählte zur Ermittlung der Vorzugsstimmenergebnisse alle Sprengel noch einmal aus und kam dabei zu einem anderen Ergebnis als die Sprengelbehörden. Damit änderte sich das Ergebnis zugunsten der Volkspartei. Die ÖVP erhielt eine Stimme mehr als im vorläufigen Ergebnis vom Sonntag – und damit auch das 19. Mandat und die absolute Mehrheit.

Grüne und Neos sind skeptisch

Die Grünen prüfen deshalb einen Antrag auf Neuauszählung der Stimmen. "Es gibt widersprüchliche Beobachtungen", sagt Ortsparteichef Christian Apl zum STANDARD. Beisitzer hätten in dem betroffenen Sprengel sehr sorgfältig gezählt und keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Am Montag sei dann von der Gemeindewahlbehörde "ein Stimmzettel uminterpretiert" worden. Man prüfe jetzt die möglichen Schritte innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist.

Die Neos sprechen sich definitiv für eine Neuauszählung aus. "Fehler passieren, das ist etwas Menschliches", sagt Spitzenkandidat Christoph Müller zum STANDARD. "Aber in so einer heiklen Situation, wo eine einzige Stimme über die absolute Mehrheit einer Partei für die nächsten fünf Jahre entscheidet, muss man ganz genau hinschauen."

Name schlägt Partei, nichtamtlich schlägt amtlich

Das niederösterreichische Wahlrecht bietet einen möglichen Ansatzpunkt für widersprüchliche Interpretationen von Stimmzetteln. Denn es gilt "Name schlägt Partei". Kreuzt ein Wähler also etwa die SPÖ an, vergibt seine Vorzugsstimme aber an den schwarzen Bürgermeister, zählt die Stimme für die ÖVP.

Gleiches gilt, wenn eine Vorzugsstimme mit einem nichtamtlichen Stimmzettel vergeben wird. Solche vorausgefüllten Stimmzettel dürfen die Parteien nur in Niederösterreich verteilen – auch sie schlagen die Parteistimme und den amtlichen Stimmzettel.

Bürgermeister Schuster sieht die Sache gelassen: "Inhaltlich ändert das für mich wenig", denn er wolle mit oder ohne absolute Mehrheit Partner im Gemeinderat suchen – und dabei zuallererst auf die Grünen zugehen. "Ob das jetzt 18 oder 19 Mandate sind, ist am Papier vielleicht interessant", in der Praxis mache es wenig Unterschied.

Ob bei der Auszählung am Montag Fehler passiert sind, müsse man sich anschauen. Der Beschluss, das Sprengelergebnis zu korrigieren, sei aber einstimmig erfolgt, sagt Schuster. (Sebastian Fellner, 28.1.2020)