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Die Welt wieder "cool" machen: eine Forderung bei der Fridays-For-Future-Demonstration vergangenen Freitag in Düsseldorf.

Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

Keiner der Organisatoren der "Fridays For Future" in Wien wollte in die Medien, so Johannes Stangl im Gastkommentar. "Wir haben die wöchentlichen Streiks begonnen, weil wir das Gefühl hatten, keine Wahl zu haben."

Vergangenen Freitag hat die Fridays-For-Future Bewegung mehr als 1,5 Millionen Schülerinnen, Schüler und junge Erwachsene auf die Straßen von 2000 Städten in 120 Ländern der Welt gebracht. Sie alle fordern nur eines: eine radikale Umwelt- und Klimaschutzpolitik im Einklang mit dem 1.5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens. Die Wissenschaft ist sich einig, dass die Erreichung dieses Ziels noch möglich ist und jede weitere Erderwärmung ein hochgefährliches Experiment darstellt. Doch kaum ein Staat der Welt ist am Weg, die dafür notwendigen Maßnahmen zu setzen. Die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger versagen, die Klimakrise als eine solche zu behandeln.

Nun ist es ja wirklich schön, dass wir, die Organisatorinnen und Organisatoren der Klimastreiks, gerade die Lieblinge der Medien sind, sei es im Positiven oder im Negativen. Es ist auch schön, dass uns Bundesministerin Elisabeth Köstinger, Bundesminister Heinz Faßmann und Bundespräsident Alexander van der Bellen zu Gesprächen einladen und sich geduldig unsere Handlungsaufforderung anhören. Aber wir brauchen keine provokanten "Klimaschwänz"-Leitartikel, keine freundlichen Worte der Anerkennung und bekundete Zuversicht.

Keine Wahl

Niemand von den Menschen mit denen ich Fridays for Future Vienna ins Leben gerufen habe und organisiere, wollte jemals in der Mitte der Medienaufmerksamkeit stehen oder Politikerinnen und Politiker auf ihre Verantwortungslosigkeit hinweisen müssen. Wir haben die wöchentlichen Streiks begonnen, weil wir das Gefühl hatten, keine Wahl zu haben. Niemand schien die Panik zu spüren, wie wir es taten. Niemand schien verstanden zu haben, dass wir gerade dabei sind, unsere Lebensgrundlagen zu vernichten und nur noch wenige Jahre haben, um eine globale Katastrophe zu verhindern.

Eine sich selbst verstärkende Erderhitzung steht vor der Tür, die den einzigen belebten Planeten im bekannten Universum in einen lebensfeindlichen verwandeln wird. Ein unaufhaltsames sechstes Massensterben der Arten passiert in diesem Moment und die Klimakrise und die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen ist Schuld daran.

Besseres Leben

Wir müssen darüber sprechen und die Konsequenzen aus diesen Tatsachen ziehen. Um die größte Herausforderung unserer Zeit zu bewältigen, müssen wir sie als solche anerkennen und auch emotional als solche begreifen. Auch ich habe viele Jahre geschlafen und mir gedacht, es wird schon irgendjemand richten, irgendeine Erfindung wird uns schon retten. Aber keine Lösung ist vom Himmel gefallen und auf einmal steh ich in der Präsidentschaftskanzlei und muss der Öffentlichkeit erklären, in welcher Notlage wir uns befinden.

Was wir jetzt brauchen, ist eine Notbremsung, ein radikaler Systemwandel, der alle Bereiche unserer Gesellschaft durchzieht. Wir brauchen umfassende politische Maßnahmen, neue Rahmenbedingungen zu schaffen unter denen wir leben können, gepaart mit dem längst vorhandenen Know-How der Wissenschaft und der Technik, sowie die notwendigen Investitionen. Wir können es schaffen, die menschliche Zivilisation ins nächste Jahrhundert zu führen und dabei ein besseres Leben für alle erreichen. Aber dafür braucht es jetzt neue Arten des Denkens, Sprechens und Handelns. Und für diesen Wandel werden wir jeden Freitag wieder auf die Straße gehen. (Johannes Stangl, 22.3.2019)