Diözesanbischof Alois Schwarz.

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Fairerweise muss man darauf hinweisen, dass auch der heilige Augustinus am Beginn seiner Karriere nicht besonders heilig war, und er hätte nicht einmal ein Wochenmagazin wie "News" gebraucht, um daran zu erinnern, hat er das doch in seinen "Confessiones" selbst erledigt. Das waren halt noch Zeiten, als Kirchenfürsten wenigstens im Rückblick auf ihre Anfänge zur Selbstkritik imstande waren. Aus der Sünde zur Heiligmäßigkeit empor, sursum corda, das ja, aber janusköpfig – das niemals! Da gab es nur das Entweder – Oder, niemals das später von Kierkegaard an seiner Kirche – allerdings nicht der katholischen – bekrittelte Sowohl – Als auch. Und jetzt in Österreich das! Die zwei Gesichter des Alois Schwarz, eine klerikale Variante von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, wenn man "News" glauben darf, das diese Woche einen Insiderblick hinter die Fassade des Kirchenfürsten werfen ließ.

Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen, behauptet das Magazin doch: Der umstrittene ehemalige Klagenfurter und nunmehrige St. Pöltner Bischof Alois Schwarz präsentiert sich äußert zwiespältig. Eben nicht. Wozu sonst der Insiderblick, wenn der Bischof seine Zwiespältigkeit ohnehin selbst präsentiert? Deshalb, weil es kein journalistischer ist, warf denselben doch die Ex-Präsidentin der Katholischen Aktion und seine Studienkollegin für das Magazin auf den Gespaltenen. Auf der einen Seite leutselig, freundlich und kommunikativ – auf der anderen misstrauisch, zynisch, abgehoben und herablassend: So viel kirchenfürstliche Dämonie kann nur handfeste materielle Gründe gehabt haben.

Lebensfrau

In der bischöflichen Jagdresidenz vertrieben sich Schwarz und seine Lebensfrau die Zeit mit einer feudalen Gästeschar bei Jagd und Spiel, auf dem Berg und in der Sauna, was noch nicht so schlimm ist, muss sich ein Bischof doch gelegentlich von den Sünden seiner Herde erholen. Schlimmer war da schon: Er ließ zwar Bäume fällen, um die Wünsche seiner Lebensfrau zu erfüllen; es fiel aber kein Baum im Bistum Gurk zugunsten von sozial Schwachen oder anderen Hilfsbedürftigen. Selig die Armen, mag er sich beim Abholzen für seine Lebensfrau gedacht haben, und das hat gute kirchliche Tradition.

Aber zu viel Hoffart muss vor dem Fall kommen. Sein ursprünglich gutes Gespür für Investitionen, sein anfängliches Bemühen um ethische Geldveranlagung waren längst einer plumpen Gier und einem Suchen nach persönlichen Vorteilen gewichen. So etwas soll auch in weltlichen Kreisen vorkommen, wenn man nicht die richtigen Ratgeber hat. Etwa die Wirtschaftspsychologin Sabine Schneider, die, leider zu spät für Schwarz, in derselben Ausgabe von "News" dafür plädierte: Lernen Sie, wieder auf Ihr Bauchgefühl zu hören. Dazu lieferte die Psychologin eine praktische Anleitung für alle, die, wie der Bischof, oft ökonomische Entscheidungen zu treffen haben. Werfen Sie eine Münze. Eine Antwortmöglichkeit Ihrer Entscheidung bekommt die "Kopf-Seite" der Münze, die andere Möglichkeit - jetzt Obacht! – die "Zahlen-Seite". Wenn Sie beim Werfen der Münze dann tief in sich hineinhören, bekommen Sie von ganz alleine die Antwort auf Ihren eigenen Wunsch, wie die Münze jetzt doch bitte aufkommen sollte.

Sauna mit feudaler Gästeschar

Also "Kopf-Seite" - Abholzen für die Lebensfrau, "Zahlen-Seite" - Sauna mit feudaler Gästeschar. Und dann fest in sich hineinhören. Und ganz egal, ob das dann auch wirklich der Fall ist. Ihr Bauchgefühl hat Ihnen die Antwort beim Aufdecken der Hand ja ohnehin schon gegeben ... jetzt müssen Sie nur noch handeln.

Leider kommt dieser ökonomische Crashkurs für den Bischof zu spät. Dabei sollte man glauben, dass gerade Janusköpfigkeit auf die Entscheidungsfindung durch Münzwurf von selbst gekommen wäre. Und was das Bauchgefühl betrifft, muss man wissen, wann man darauf hört. "Wenn wir in Wien sind, führt mich Alois zuerst schick zum Abendessen aus, dann gehen wir in die Oper, hat Frau Bischöfin einer Mitarbeiterin anvertraut. Da liegt es nahe, auf das Bauchgefühl zu hören, vor allem, wenn die Götterdämmerung ansteht und die Verdauung zu wünschen übrig lässt.

Ob die Versetzung des Bischofs aus dem Schoß der heiligen Hemma in die Arme des heiligen Hippolyt als Kirchenstrafe oder als Folge eines vatikanischen Münzwurfs zu werten ist, kann nur höheres Bauchgefühl entscheiden. In St. Pölten gibt er sich laut "News" vorläufig kommunikativ. "Er ist leutselig!", sagen beispielsweise Gastwirte. Sie gelten ja oft als Beichtväter. (Günter Traxler, 3.2.2019)