Zur Situation in Österreichs Kindergärten haben wir im September Eltern sowie Elementarpädagoginnen und -pädagogen befragt. Der erste Teil der Auswertung hat sich der Sicht der Eltern gewidmet: Diese wünschen sich vor allem einen besseren Betreuungsschlüssel in den Einrichtungen. Aber auch die Schließtage stellen viele Eltern vor große Probleme – insbesondere jene, die nicht auf Familienunterstützung zurückgreifen können.
In diesem zweiten Teil der Auswertung kommen die 588 Pädagoginnen und Pädagogen zu Wort, die den STANDARD-Fragebogen ausgefüllt haben.
Ausbildung bereitet zu wenig vor
Deutliches Verbesserungspotenzial sehen die Befragten bereits in der Ausbildung: Zwar befindet eine knappe Mehrheit der Elementarpädagoginnen, zumindest "gut" auf den Beruf vorbereitet worden zu sein; allerdings geben 47 Prozent an, nur "befriedigend" oder sogar noch schlechter für die berufliche Tätigkeit in Krippe und Kindergarten gerüstet gewesen zu sein.
Idealisierter Beruf
Wie ließe sich die Ausbildung verbessern? Um die häufigsten Nennungen auf diese Frage herauszufiltern, haben wir die sehr ausführlichen Antworten kategorisiert und quantifiziert. Demnach sollte die Ausbildung unbedingt praxisorientierter sein: durch längere zusammenhängende Praxisblöcke und eine stärkere Verschränkung von Theorie und Praxis.
An zweiter Stelle der häufigsten Nennungen steht die Arbeit mit den Eltern: wie Gespräche geführt und schwierige Themen angesprochen werden. Neben der Schulung in Konfliktmanagement wünschen sich die Pädagoginnen auch vermehrt Inhalte zum Umgang mit schwierigen Kindern sowie schwierigen Themen und insbesondere auch eine bessere sonderpädagogische Ausbildung. Der Bedarf an entsprechendem Wissen, um besser auf Kinder und ihre Bedürfnisse eingehen zu können, nehme zu.
Akademisierung und Anhebung des Alters
Nach den drei Top-Nennungen (Praxis, Elternarbeit und Sonderpädagogik) folgen drei Themen, die jeweils 50-mal angeführt worden sind: die Anpassung der Ausbildungsinhalte an die Realität (Stichwort veraltete Ausbildung), eine Vorbereitung auf die umfangreichen Organisationsaufgaben sowie eine Akademisierung der Ausbildung.
Viele Pädagoginnen und Pädagogen, die unseren Fragebogen ausgefüllt haben, sprechen sich zwar nicht unbedingt für eine Akademisierung aus, führen aber an, dass eine Elementarpädagogik-Ausbildung ab der Matura zielführender wäre (41 Nennungen). Wer die Ausbildung im Alter von 14 Jahren beginne, sei für die vermittelten Inhalte vielfach "noch zu jung".
Weitere genannte Punkte, die die Ausbildung verbessern würden, sind die Vermittlung eines realistischeren Berufsbildes, rechtliche Aspekte und Hygienevorschriften, aber auch die Vermittlung von Führungskompetenz oder mehr Pädagogikinhalten für Kinder unter drei Jahren.
Der Berufsalltag in (zu) großen Gruppen
Mit der Gruppengröße und dem Betreuungsschlüssel zeigte sich der Großteil der Befragten unzufrieden – ein Punkt, der bereits von vielen Eltern angesprochen wurde. Demnach kommen "eine Pädagogin und eine Helferin auf 25 Kinder", und im Krankheitsfall oder wenn Koch- und Reinigungsarbeiten anstehen, dann sei eine Person mit der ganzen Kindergruppe allein.
Dieses Missverhältnis von großen Kindergruppen und wenig Personal zeigt sich auch bei der offenen Frage nach strukturellen Verbesserungsmöglichkeiten. Bessere Betreuungsschlüssel und mehr Personal wurden von der überwiegenden Mehrheit der Pädagoginnen und Pädagogen genannt, die an der Umfrage teilgenommen haben.
An zweiter Stelle wird eine bessere Bezahlung gefordert, gefolgt von mehr Zeit für Vorbereitungsarbeiten und für Gespräche mit Eltern, aber auch bezahlter Weiterbildung und Supervision. Weitere häufiger genannte Punkte, um die Situation in Krippen und Kindergärten zu verbessern, waren Anerkennung und Wertschätzung, zusätzliche Räume und mehr Geld für pädagogisches Material.
Keine Lobby
Ansatzpunkte, um die Situation der Expertinnen und der von ihnen betreuten Kinder zu verbessern, gibt es viele: Darin sind sich die befragten Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen einig. In Hinblick auf Verbesserungen hatten wir auch nach einer Interessenvertretung gefragt. 42 Prozent gaben an, gewerkschaftlich organisiert zu sein.
Die Zusatzfrage "Wie vertreten Sie und Ihre KollegInnen Ihre Interessen?" wurde von einem Viertel der Befragten beantwortet. Genannt wurden Personalvertretung, Betriebsrat, unterschiedliche Gewerkschaften, manche antworteten auch mit "Gar nicht" – zudem wurde geäußert, dass viel zu wenig passiere und die Elementarpädagoginnen und -pädagogen keine Lobby hätten.
Variierende Bedingungen
Nicht nur die Interessenvertretungen, auch die Arbeitsbedingungen variieren je nach Bundesland und den Trägerorganisationen der Betreuungseinrichtungen.
Hier könnten bundesweite Standards zu Transparenz und Fairness sowie besseren Arbeitsbedingungen führen. Nicht zuletzt wies manch eine Elementarpädagogin auf ein erforderliches Umdenken in der Gesellschaft hin: "Dieser Beruf ist mehr als 'nur Spielen und Basteln'." (Daniela Yeoh, 10.12.2018)