Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

Foto: Jana Madzigon

Im Dezember 2017 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Regelung im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) aufgehoben, die homosexuellen Paaren den Zugang zur Ehe verwehrt. Zugleich wurde die Eingetragene Partnerschaft (EP) für heterosexuelle Paare geöffnet. Die Aufhebung der betreffenden Gesetzesbestimmungen tritt mit 31.12.2018 in Kraft.

Ab 2019 gilt Ehe und Eingetragene Partnerschaft für alle

Nun hat Justizminister Josef Moser (ÖVP) entschieden, dass sowohl die Institution der Ehe als auch die Eingetragene Partnerschaft weiter bestehen und künftig allen Paaren (egal ob heterosexuell oder homosexuell) offen stehen soll. Man wolle Menschen, die die Eingetragene Partnerschaft als aus ihrer Sicht modernere Variante der Partnerschaft eingegangen sind, nicht zwingen, eine Ehe einzugehen, sagte Moser im Interview mit der "Presse". "Ehe für alle und Eingetragene Partnerschaft für alle" lautet also das Motto, oder aber: "Wer nichts tut, kann auch nichts falsch machen." Denn die Ehe für alle wird damit nicht vom Gesetzgeber beschlossen, sondern tritt automatisch durch den Ablauf der vom VfGH festgesetzten Übergangsfrist in Kraft.

Den Anforderungen des VfGH, dass zwischen hetero- und homosexuellen Paaren nicht differenziert werden darf, ist damit zwar Genüge getan, ein fahler Beigeschmack bleibt aber. Wichtige gesellschaftspolitische Entscheidungen sollten vom Gesetzgeber getroffen werden. Dass sich die Bundesregierung nicht zu einem entsprechenden Gesetzesvorschlag durchringen konnte, zeigt leider nur allzu deutlich, dass ihr die Gleichstellung von homosexuellen Paaren derzeit kein allzu großes Anliegen ist.

Wechsel in die Ehe de facto nicht möglich

Besonders problematisch: Ohne eine Gesetzesänderung ist es kaum möglich, von einer EP in die Ehe zu wechseln. Die Paare, die den Gang zum VfGH angetreten sind, können zwar aufgrund eines Erlasses des Innenministeriums unbürokratisch in die Ehe wechseln. In allen anderen Fällen ist dafür aber eine gerichtliche Auflösung der EP notwendig und das ist – zumindest nach dem Gesetzeswortlaut – nur möglich, wenn die Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben ist und beide Partner die unheilbare Zerrüttung der Beziehung eingestehen. Vom Scheidungsrichter zum Standesamt also.

Dass die Bundesregierung eingetragene Partner nicht dazu zwingen möchte, eine Ehe einzugehen, ihnen aber de facto die Möglichkeit verwehrt, von der EP in die Ehe zu wechseln, ist etwas zynisch.

Eine Modernisierung des Eherechts ist derzeit in Sicht

Durch die Untätigkeit des Gesetzgebers wurde leider auch die Chance für eine grundlegende Modernisierung des Ehe- und Partnerschaftsrechts vertan. Eine Beibehaltung der EP als "modernere Variante der Partnerschaft" ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings wurden die Rechtsfolgen von Ehe und EP – hauptsächlich aufgrund einiger Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des VfGH – mittlerweile bereits weitgehend angeglichen.

Für die EP gelten zwar teilweise etwas liberalere Regeln (so gibt es keine gesetzliche Treuepflicht und keine Vorgaben für die Haushaltsführung und bestehen teilweise geringere Unterhaltspflichten), diese Unterschiede sind allerdings eher symbolischer Natur und in der Praxis kaum von Bedeutung. Eine Beibehaltung der EP neben der Ehe wäre nur dann sinnvoll, wenn das Partnerschaftsrecht grundlegend neu geregelt wird und die EP tatsächlich eine liberalere Alternative zur traditionellen Ehe darstellt. Zu denken wäre hier etwa an eine Abschaffung des Verschuldensprinzips beim Unterhalt oder an eine vereinfachte Möglichkeit zur Auflösung der Partnerschaft. Derzeit sieht es allerdings nicht so aus, als würde der Gesetzgeber in absehbarer Zeit eine Neuregelung beschließen. (Carmen Thornton, 30.10.2018)