Georg Willi feiert seinen Wahlsieg.

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Willi konnte sich knapp gegen Christine Oppitz-Plörer durchsetzen.

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Innsbruck – Als Teil des "größten Comebacks seit Lazarus" waren die Innsbrucker Wahlen von Bundessprecher Werner Kogler beschworen worden. Und tatsächlich, Georg Willi konnte halten, was von ihm erwartete wurde: Der seit dem Wahlsonntag 59-jährige schafft die Sensation, er wird als erster grüner Bürgermeister überhaupt eine Landeshauptstadt regieren. Willi kam am Sonntag auf 52,9 Prozent der Stimmen. Seine Kontrahentin, Amtsinhaberin Christine Oppitz-Plörer, hatte 47,1 Prozent erhalten.

Im ersten Wahldurchgang am 22. April schaffte er bereits eine kleine Sensation. Er holte mit den Grünen den ersten Platz bei den Listen und entschied die erste Runde der Bürgermeisterdirektwahl mit knapp einem Drittel der Stimmen klar für sich: Willi hatte 30,9 Prozent der Stimmen erhalten.

"Ich bin überwältigt von den vielen Menschen, die für mich gelaufen sind", so Willi am Sonntagabend. Er kündigte an, am Dienstag mit Sondierungsgesprächen zu beginnen. Kommende Woche sollen dann die Koalitionsverhandlungen starten.

Koalition mit FPÖ ausgeschlossen

"Ich hoffe, dass wir relativ bald eine stabile Regierung bilden können", so der strahlende Wahlsieger, der auf die konstituierende Sitzung des Gemeinderats am 24. Mai verwies. Einmal mehr schloss das Polit-Urgestein aus, die FPÖ in der Stadtregierung haben zu wollen. FPÖ-Frontmann Rudi Federspiel solle eine wichtige Kontrollfunktion einnehmen. Zudem stehe sein Angebot an die bisherige Bürgermeisterin Oppitz-Plörer (Für Innsbruck), das Amt der Vizebürgermeisterin zu bekleiden.

Mit Georg Willi hat sich der Kandidat der derzeit nicht gerade erfolgsverwöhnten Grünen durchgesetzt – gegen die regierende Bürgermeisterin. Innsbruck ist daher die erste Großstadt, die einen Grünen Bürgermeister erhalten wird. 52,9 Prozent für Willi gegen 47,1 Prozent für Oppitz-Plörer von der bürgerlichen Liste "Für Innsbruck".
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Willi sah die Bürgermeisterdirektwahl "eher als Persönlichkeitswahl". Die Wahl sei aber ein klares Zeichen, dass "es mit den Grünen wieder aufwärtsgeht". Kurz vor Bekanntgabe des Ergebnisses hatte sich Oppitz-Plörer im Mediengetümmel an Willi gewandt: "Ich gratuliere dir, wünsche dir alles Gute und eine gute Hand".

"Die Kritik bekommt die Chefin ab"

Sie sich trotz des Verlustes ihres Amtes "nicht enttäuscht" gezeigt. Denn sie sei gleich lang Stadtchefin gewesen wie ihre Vorgängerin Hilde Zach – nämlich acht Jahre. Eine mögliche politische Zukunft als Vizebürgermeisterin ließ sie offen.

"Das sind Dinge, die am Verhandlungstisch zu klären sind", so Oppitz-Plörer vor Journalisten. Der Ball liege nun bei Georg Willi, dem sie wünsche, bald eine stabile Regierung bilden zu können.

Dem grünen Wahlsieger sei es gelungen, von außen Kritik an der Stadtregierung zu üben, der seine Partei selber angehört habe. Es habe in der Bevölkerung Unmut über verschiedenste Großprojekte gegeben: "Und die Kritik bekommt die Chefin ab".

Neue Position bei den Grünen

Oppitz-Plörer regiert mit ihrer Liste Für Innsbruck (FI) seit 2010 in der Landeshauptstadt und gilt ebenso wie Willi als liberale Bürgerliche. Doch die niedrige Wahlbeteiligung – am Sonntag waren es 43,74 Prozent – sprach für den grünen Herausforderer.

Politikexperten haben ein knappes Rennen um den Bürgermeistersessel vorausgesagt. Das haben auch die Wähler so gesehen.
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Willis Wahlsieg in Innsbruck dürfte auch dazu führen, dass seine Position parteiintern bei den Grünen neu zu gewichten sein wird. Denn seinen Wahlkampf hat er bewusst anders angelegt, als das bei den Bundesgrünen bis vor kurzem noch der Fall gewesen wäre.

Eher Mietpreise als Binnen-I

Willi stand auch offen dazu, dass ihm der Stil von Eva Glawischnig nicht immer behagte. Als er sogar Verständnis dafür zeigte, dass sich Wähler eher für Mietpreise als für das Binnen-I oder die Ehe für alle interessieren, bekam er den Zorn eines Teils der grünen Basis zu spüren.

Angesichts der Ausgangslage – die Grünen verpassten erst vergangenen Herbst den Einzug in den Nationalrat und hatten sich intern heillos zerstritten – ist Willis Wahlsieg umso höher einzuschätzen. Denn Innsbruck war zugleich ein Brennglas für die grüne Problem-Gemengelage.

Interner Streit eskalierte

Willi trat im Frühjahr 2017 in einer internen Kampfabstimmung gegen die amtierende grüne Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider an, um selbst als Spitzenkandidat aufgestellt zu werden. Das sorgte für Streit im Gemeinderatsklub, der sich fast geschlossen gegen Willi gestellt hatte. Dennoch votierte die Basis mit überwältigender Mehrheit für den als bürgerlich geltenden damaligen Nationalratsabgeordneten.

Der interne Streit eskalierte alsbald. Ein Vertrauter Willis wurde aus der Partei gedrängt. Doch anstatt klein beizugeben, hielt der Spitzenkandidat dem internen Gegenwind stand und brachte den Gemeinderatsklub rechtzeitig zur Wahl auf Linie.

Oppitz-Plörer abgedrängt

Seine Kontrahentin Oppitz-Plörer drängte Willi geschickt nach rechts, um selbst als Kandidat der Mitte zu reüssieren. Bei den Wahlen 2012 hatte sie noch ebendiese Rolle gespielt und ihren damaligen ÖVP-Gegenkandidaten links überholt. 2012 siegte Oppitz-Plörer nicht zuletzt dank der grünen Stimmen in der Stichwahl. Die Bürgermeisterin musste diesmal die Nähe zur FPÖ und ÖVP suchen, um noch Stimmen für die Stichwahl zu lukrieren. Also genau jene Lager, gegen die sie zuletzt angetreten war. Eine Allianz, die ihr selbst nicht ganz behagte.

Kogler sieht "herausragenden Erfolg"

Der grüne Bundessprecher Werner Kogler bezeichnet den Sieg von Willi einen "herausragenden Erfolg einer herausragenden Person" gesehen. "Willi hat den Beweis erbracht, wie es gehen kann", sagte Kogler der APA. Und dieser sollte "wegweisend" für die Grünen sein. Nach dem Neubeginn der Grünen in Linz tags zuvor sei es der nächste Schritt.

Willi bringe mit "gerecht, liberal, hemdsärmelig, sozial und ökologisch denkend" die notwendigen Attribute mit. Zudem sei er die vergangenen Monate "unermüdlich und Klartext sprechend" unterwegs gewesen. Ob Willi nicht auch für die Landtagswahl im Februar der zugkräftigere Kandidat gewesen wäre, wollte Kogler nicht beurteilen. Denn die Tiroler Landtagswahl und die folgende Regierungsbeteiligung sei nach dem Fiasko im Jahr zuvor ein "wichtiger und schöner Erfolg" für die Grünen gewesen. (Steffen Arora, APA 6.5.2018)