Seoul/Pjöngjang – Seit Jahrzehnten treibt Nordkorea sein Rüstungsprogramm voran. Mit der sechsten Zündung einer Atombombe am Sonntag heizt Pjöngjang die Spannungen um sein umstrittenes Atom- und Raketenprogramm weiter an. Das Programm hat eine lange Vorgeschichte:

70er Jahre:

Nordkorea entwickelt eine Variante der sowjetischen Scud-B-Rakete mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern.

80er Jahre:

Nach einem ersten Raketentest 1984 wird das Programm ausgeweitet. Schließlich verfügt Nordkorea über Taepodong-2-Raketen mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern.

Moratorium von 1999 bis 2005:

Im September 1999 erklärt Nordkorea vor dem Hintergrund besserer Beziehungen zu den USA eine Aussetzung der Tests von Langstreckenraketen. Gespräche zwischen Washington und Pjöngjang scheitern letztlich an der nordkoreanischen Forderung von jährlich einer Milliarde Dollar als Ausgleich für einen Verzicht auf den Raketenexport. Im März 2005 beendet Nordkorea das Moratorium.

Atomwaffentests ab 2006:

Am 9. Oktober 2006 unternimmt Pjöngjang nach eigenen Angaben unterirdisch den ersten Atombombentest.

Am 25. Mai 2009 zündet Nordkorea seine zweite Atombombe. Ihre Sprengkraft übersteigt jene der ersten Bombe um ein Mehrfaches.

Am 12. Februar 2016 führt Nordkorea seine dritten unterirdischen Atomwaffentest aus.

Am 6. Jänner 2016 meldet Nordkorea seine vierten Atomwaffentest und gibt dabei an, es habe sich um eine Wasserstoffbombe gehandelt. Solche thermonuklearen Sprengsätze entfalten eine besonders große Zerstörungskraft. Die meisten Experten bezweifeln aber, dass es sich tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte.

Am 9. September 2016 zündet Nordkorea seine fünfte Atombombe – die Explosion ist die stärkste bis dahin gemessene.

Am 3. September 2017 führt Nordkorea seinen sechsten Atomwaffentest aus. Seine Stärke übersteigt den vorangegangenen Test abermals um ein Mehrfaches. Nach nordkoreanischen Angaben handelte es sich abermals um die "erfolgreiche" Zündung einer Wasserstoffbombe.

Raketenstarts mit Satelliten 2009 und 2012:

Am 5. April 2009 startet Nordkorea eine Rakete, die Japan überquert und im Pazifik landet. Nach Darstellung Pjöngjangs ging es um den Versuch, einen Satelliten im All auszusetzen. Die USA, Südkorea und Japan sprechen hingegen von einem verdeckten Taepodong-2-Test. Am 12. Dezember 2012 setzt eine nordkoreanische Rakete einen Satelliten im All aus.

Raketenstart von einem U-Boot 2016:

Im Frühling und im Sommer feuert Nordkorea U-Boot-gestützte Raketen ab. Am 8. Juli kündigen die USA und Südkorea an, das Raketenabwehrsystem THAAD gemeinsam in Südkorea aufzubauen.

Konfrontation mit US-Präsident Donald Trump 2017:

Am 6. März 2017 feuert Nordkorea bei einer Militärübung für Angriffe auf US-Stützpunkte in Japan Raketen ab, die im Meer landen. Einen Tag später beginnen die USA mit dem Aufbau des Raketenabwehrsystems THAAD in Südkorea, der inzwischen von Seoul wieder gestoppt wurde. Im April und Mai folgen weitere nordkoreanische Raketentests.

Am 4. Juli, dem US-Unabhängigkeitstag, testet Nordkorea eine weitere Rakete. Pjöngjang spricht vom ersten erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-14. Experten gehen davon aus, dass sie eine potenzielle Reichweite von 6700 Kilometern hat und damit theoretisch US-Gebiet erreichen könnte.

Am 28. Juli feuert Nordkorea nach einem US-Sanktionsbeschluss zum zweiten Mal eine Interkontinentalrakete ab. Kim Jong-un brüstet sich, diese könne das "gesamte US-Festland" erreichen.

Am 2. August feuern die USA ihrerseits eine Interkontinentalrakete des Typs Minuteman III ab, die nach rund 6700 Kilometern in den Südpazifik stürzt.

Am 8. August droht Trump Pjöngjang mit "Feuer und Wut" und damit mit einem Militäreinsatz. Nordkorea droht daraufhin mit einem Raketenangriff nahe der US-Pazifikinsel Guam.

Am 26. August feuert Nordkorea drei Kurzstreckenraketen ab. Der US-Armee zufolge stürzen sie vor der Ostküste Nordkoreas ins Meer und stellen keine Gefahr für das nordamerikanische Festland und Guam dar.

Am 29. August fliegt eine nordkoreanische Rakete über Japan hinweg – und damit laut Seoul 2.700 Kilometer weit und 550 Kilometer hoch.

Am 3. September vermeldet Nordkorea seinen sechsten Atomwaffentest, seinen angebliche zweiten Test einer H-Bombe. (APA, 3.9.2017)