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Die Eltern des elf Monate alten Babys, Connie Yates und Christ Gard, mit den 350.000 Unterschriften von Unterstützern.

Foto: Reuters/Peter Nicholls

Das Tauziehen um das todkranke Baby Charlie Gard geht weiter. Montagnachmittag muss sich erneut der englische High Court mit dem Wohl des elf Monate alten Buben befassen, über dessen Zukunft die Eltern und die Ärzte am Londoner Kinderkrankenhaus Great Ormond Street (GOS) im Clinch liegen. Am Sonntag übergaben Unterstützer von Connie Yates und Chris Gard den Klinik-Verantwortlichen eine Petition mit 350.000 Unterschriften. Darin wird gefordert, der Ausreise des hirngeschädigten Kindes zu neuartigen Therapieversuchen in Italien oder den USA zuzustimmen.

Den neuen Gerichtstermin hat die GOS-Klinik selbst veranlasst, obwohl die Verantwortlichen nach wie vor der Meinung sind, Charlie solle in Frieden sterben dürfen und nicht noch durch die Welt reisen müssen für Therapien, deren Wert selbst von Befürwortern als unsicher eingestuft wird. Offenbar will das Spital sich absichern, nicht zuletzt gegen den Vorwurf, aus ärztlicher Eitelkeit dem kleinen Patienten mögliche Heilungschancen zu verbauen.

Seltene Gen-Krankheit

Der Fall des an einer äußerst seltenen Genkrankheit leidenden Kindes beschäftigt seit Wochen nicht nur die Briten, sondern viele Menschen weltweit. Charlie kam vergangenen August scheinbar gesund zur Welt, leidet aber an mitochondrialer Myopathie, die zu einer schrittweisen Auszehrung der Organe und schweren Gehirnschäden führt. Heilung gibt es bisher keine.

Als die Ärzte Charlies künstliche Beatmung und Ernährung einstellen wollten, gingen dessen Eltern an die Öffentlichkeit – und erlebten eine anrührende Welle der Hilfsbereitschaft. Mittlerweile stehen umgerechnet 1,48 Millionen Euro für Charlies Transport in die USA und eine experimentelle Behandlung an der Columbia-Universität bereit. Nach Interventionen von Papst Franziskus sowie von US-Präsident Donald Trump erklärten sich mittlerweile zwei weitere Spitäler zu Charlies Aufnahme bereit.

Experimente mit Erfolg

Ärzte des Bambino-Gesu-Krankenhauses in Rom wiesen auf Experimente mit Mäusen und menschlichen Patienten hin, die bei vergleichbaren Gen-Krankheiten "dramatische Verbesserungen" gebracht hätten. Ähnliche Hoffnung haben Verantwortliche des New Yorker Presbyterian Hospital. Unter dem Druck der Hilfsangebote mussten die GOS-Verantwortlichen einlenken. "Wie Charlies Eltern glauben auch wir, dass man den neuen Hinweisen nachgehen muss", hieß es in einer Erklärung der Klinik.

Der Hoffnung aus Rom und New York steht in London aber auch im neuen Gerichtsverfahren Skepsis gegenüber. Nacheinander hatten High Court und Supreme Court dem GOS-Anliegen recht gegeben. Das Höchste Gericht Großbritanniens hatte sich überzeugt gezeigt, dass Behandlung und Reise zwecklos seien und Charlie zusätzlich "Schmerz, Leiden und Elend" verursachen könnten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnte die Behandlung des Falles mit Verweis auf die englischen Entscheidungen ab. (Sebastian Borger aus London, 9.7.2017)