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Zu wenig Geld zum Überleben: Mindestsicherung auf Taschengeöldniveau

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St. Pölten / Wien – Wie DER STANDARD berichtete, haben die Kosten für bedarforientierte Mindestsicherung (BMS) 2016 österreichweit eine Milliarde Euro überschritten. Mit 664 Millionen Euro trug Wien dabei den Löwenanteil – und hat, weil immer mehr anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in die Bundeshauptstadt ziehen, mit weiter steigenden BMS-Kosten zu rechnen.

Besagter Zuzug kommt unter anderem aus Niederösterreich, wo (wie in anderen Bundesländern auch) restriktive Mindestsicherungsregeln gelten. Das führt zu Härtefällen: Für die "Deckung des notwendigen Lebensunterhalts und Wohnbedarfs" werden nur Minibeträge zugestanden, die angesichts des in Österreich herrschenden Miet- und Preisniveaus fürs Überleben nicht reichen.

159,92 Euro pro Monat

Dem STANDARD liegen entsprechende Mindestsicherungssprüche aus Niederösterreich vor. So etwa ein Bescheid des Wiener Neustädter Magistrats an einen anerkannten Flüchtling von heurigem April. Dem Mann, der keine Arbeit hat und der laut einer ehrenamtlichen Helferin in einem Übergangsquartier in der Stadt für ein Bett monatlich 250 Euro berappt, wurden "ab Jänner 2017" 159,92 Euro zuerkannt. Bis inklusive Dezember hatte er monatlich 628,32 Euro bekommen.

Einer Tunesierin mit positivem Asylbescheid und ohne Job, die für ein in Wiener Neustadt privat gemietetes Einzelzimmer monatlich 193,60 Euro bezahlt, gewährte der Magistrat am 20. April 2017 Mindestsicherung in Höhe von insgesamt nur 347,20 Euro pro Monat. Aber auch das nur in der Theorie: Da die Frau die Grundversorgung für Asylwerber – 365 Euro monatlich – über den Zeitpunkt ihrer Asylanerkennung hinaus noch bis Mai weitergewährt bekam, wurde ihr zumindest bis dahin, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend, keine Mindestsicherung ausbezahlt.

Zweifach von Härten betroffen

Einer Irakerin in Lichtenwörth wiederum – auch sie anerkannter Flüchtling und ohne Job – wurden von der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt ab April 2017 pro Monat lediglich 250,13 Euro zugestanden. Aus Wiener Neustadt und aus dem Land kam bis Redaktionsschluss kein Kommentar.

Gemeinsam sei den drei Personen, dass sie erst vor weniger als fünf Jahren in Österreich Aufenthalt genommen hätten sowie dass sie alleinstehend seien, aber mit anderen zusammenwohnen müssten, erläutert Maximilian Weh von der Arbeiterkammer Niederösterreich. Damit seien sie von den seit 2017 geltenden Verschärfungen laut nö. Mindestsicherungsgesetz zweifach betroffen.

Reduzierter Höchstbezug

Erstens weil Personen, die binnen sechs Jahren weniger als fünf Jahre rechtmäßig in Österreich leben, in Niederösterreich seit Jänner nur noch Anrecht auf höchstens 422,50 Euro Mindestsicherung monatlich haben. Für andere Alleinstehende beträgt der Richtsatz 889,84 Euro. Diese Höchstsatzreduzierung traf unlängst auch eine im Bezirk Mistelbach lebende Österreicherin. Sie hatte vor drei Jahren ein Jahr im Ausland verbracht.

Zweitens weil auch die 422,50 Euro vielfach unterboten werden: Seit 2017 ist die Mindestsicherung für gemeinsame Haushalte mit 1500 Euro gedeckelt. Nur je zwei Zusammenwohnende haben Anrecht auf Mietunterstützung von 150 Euro monatlich. Alle anderen gehen leer aus, ob sie sich finanziell unabhängig über Wasser halten müssen oder nicht. Mit den gewährten Summen könnten sie das unmöglich, sagt Weh: "Das kann zu zusätzlichen Übersiedlungen nach Wien führen" (Irene Brickner, 18.6.2017)