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Die Skyline von Doha auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2012.

Foto: AP Photo/Kamran Jebreili, File

Armut ist im Golf-Emirat Katar ein Fremdwort, zumindest bei der einheimischen Bevölkerung. Der Zwergstaat, flächenmäßig nur um wenige Sandplätze kleiner als Oberösterreich, ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung, eines der reichsten Länder der Welt. Dennoch ist nun so etwas wie Panik ausgebrochen. Das lokale Portal "Doha News" berichtete am Dienstag von Hamsterkäufen in Geschäften. Über soziale Medien teilten Menschen Bilder überfüllter Einkaufswagen und leerer Regale und tauschten Tipps aus, wo es noch etwas zu kaufen gibt.

Die diplomatisch-wirtschaftliche Isolierung des Golf-Emirats durch Saudi-Arabien, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten und seit Dienstagabend auch Jordanien aufgrund mutmaßlicher Unterstützung der als Terrororganisation eingestuften Muslimbruderschaft zeitigt Folgen – vorerst im 2,6 Millionen Einwohner zählenden Land selbst. Die Öl- und Gasmärkte hingegen scheint der neue Kalte Krieg am Golf wenig zu beeindrucken. Weder die Preise für Öl noch jene für Gas zeigten seit Ausbruch der Krise Auffälligkeiten. "Ich glaube nicht, dass das die Märkte stärker bewegen wird," sagte David Wech vom Energieberatungsunternehmen JBC Energy dem STANDARD. Eventuelle Lieferausfälle würden sofort von anderen Förderländern kompensiert. "Es gibt genug Öl und Gas am Markt," sagte Wech.

Kein Einfluss auf Opec

Katar, Mitglied in der Organisation erdölexportierender Länder (Opec), holt täglich rund 620.000 Fass (ein Fass sind 159 Liter) aus dem Wüstensand. Damit ist der Wüstenstaat ein vergleichsweise kleiner Player – verglichen mit Saudi-Arabien (9,9 Millionen Fass am Tag) und Iran (3,8 Millionen Fass am Tag). Teheran unterstützt den Kurs der Katarer – und nimmt damit eine Gegenposition zum ewigen Rivalen Saudi-Arabien ein. Eine aus den jüngsten Entwicklungen resultierende Sprengkraft für die Opec ortet Energieexperte Wech dennoch nicht. "Es hat schon mehrere Krisen gegeben, unter anderem den Krieg Irak–Iran und die Kuwait-Invasion. Nie hat es die Opec zerrissen. Und so wird es auch diesmal sein."

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Ein Riese ist Katar hingegen in Sachen LNG (Liquefied Natural Gas). Der weltweit mit Abstand größte Exporteur von verflüssigtem Erdgas liefert vor allem nach Japan. Die Transporte seien gesichert, auch die Gaspipeline von Katar nach Oman funktioniere klaglos, versicherten Regierungsvertreter in Doha am Dienstag. Dank der riesigen Öl- und Gasreserven verfügt Katar über unermesslichen Reichtum. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Kohlenwasserstoffen wurden in den vergangenen Jahren strategisch genützt. Wie eine Krake hat sich die Qatar Investment Authority (QIA) Filetstücke auf dem internationalen Wirtschaftsparkett gesichert. Dazu gehört zum Beispiel Volkswagen.

Anteile an VW, Deutscher Bank, Glencore

QIA hält über seine Tochter Quatar Holding 17 Prozent der Stimmrechte bei VW. Damit sind die Araber hinter der Porsche Automobil Holding (die den Familien Piëch und Porsche gehört) und dem Land Niedersachsen drittstärkster Eigentümer des weltgrößten Autobauers. Auch bei der Deutschen Bank haben die Katarer die Hände im Spiel: Seit 2014 sind der ehemalige Premierminister von Katar, Hamad B in Hassim Bin Jabor Al Thani, und der ehemalige Emir Hamad Bin Khalifa Al Thani Großaktionäre bei Deutschlands größtem Finanzinstitut. Zusammen halten sie rund sechs Prozent.

Geld aus Katar ist auch in Londons Paradekaufhaus Harrods, in den russischen Ölkonzern Rosneft und in das deutsche Solarunternehmen Solarword geflossen. Am Rohstoffhändler Glencore hält der Staatsfonds rund neun Prozent und ist damit der größte Einzelaktionär. Beteiligt ist QIA auch am Empire State Building in New York – ehemals das höchste Gebäude der Welt. Auch das derzeit höchste Gebäude in London, The Shard, ist zu 95 Prozent im Besitz des Staates Katar.

Wiener Palais Clam-Gallas gehört Katar

Und in Wien hat erst im Vorjahr das Palais Clam-Gallas, in dem sich seit 1981 das Institut Français d’Autriche befunden hat, den Besitzer gewechselt. Katar hat sich verpflichtet, das 1834 errichtete Palais zu restaurieren.

Betroffen von der Isolation ist insbesondere die Fluglinie Qatar Airways. Allein am Dienstag wären 56 Flugzeuge von Doha nach Ägypten, Bahrain, Saudi-Arabien und in die VAE gegangen. (Günther Strobl, 6.6.2017)