Wenn wir arbeiten, steigt unser Stresspegel exponentiell. Bei normaler Arbeitszeit ist er in der 7. und 8. Stunde am höchsten.

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Die von der Wirtschaft geforderten flexibleren Arbeitszeiten – also die Erhöhung der erlaubten täglichen Arbeitszeit bei gleicher Wochenarbeitszeit – könnten massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmer haben, warnt der Psychologe Gerhard Klicka. Er ist Geschäftsführer des arbeitsmedizinischen Gesundheitszentrums IBG.

"Der Stress steigt exponentiell von Stunde zu Stunde und ist bei Normalarbeitszeit in der 7. und 8. Stunde am höchsten. Die Belastungszunahme steigt pro weitere Arbeitsstunde drastisch", so Klicka. Es sei arbeitsmedizinisch gesichert, dass chronischer Stress die Leistungsfähigkeit und Produktivität senke und krank mache.

"Für die meisten Arbeitswelten sind daher 12-Stunden-Arbeitstage ohne ausreichende Regenerationsphasen zumindest mittelfristig kontraproduktiv, weil Fluktuation, Krankenstände und Frühpensionen zunehmen", gibt der Psychologe zu bedenken.

Höheres Krebsrisiko

Besonders belastend sei die Nachtschicht. Klicka: "Für junge Arbeitnehmer beträgt die Verausgabung bei Nachtschichten 156 Prozent der Tagesschicht, das heißt eine Acht-Stunden-Nachtschicht ist so verausgabend wie 13 Stunden Tagarbeit. Eine 12-Stunden-Schicht wäre für Arbeitnehmer um die 30 so kräfteraubend wie 19 Stunden Tagarbeit." Eine aktuelle US-Studie habe eine gesteigerte Krebshäufigkeit bei nachtarbeitenden Krankenschwestern nachgewiesen.

Und Klicka macht im Gespräch mit der APA noch auf einen bisher wenig beachteten Aspekt aufmerksam: Es fehlten die MAK-Werte für solche langen Arbeitszeiten. Der MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) gibt die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz an.

Und auch die Gleitzeit sowie Home Office hätten ihre Tücken. Die Arbeitnehmer würden vermehrt zwar wie Unternehmer arbeiten, hätten aber nicht die Freiheiten und die Gestaltungsräume eines Selbstständigen. Hier sei der "Fürsorgepflicht" der Arbeitgeber gefragt. (APA, 21.12.2016)