Die neue Folge "Es lebe der Tod" ist ein halluzinogener Ausflug in die Gefilde der Lebensmüdigkeit.

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Unter vielen "Tatort"-Ermittlern, denen es auch nicht rosig geht, ist Felix Murot (Ulrich Tukur) der gefährdetste. Seinen Gehirntumor hat er erfolgreich in die Schranken gewiesen. Die Seele aber hat irreparablen Schaden genommen. Mit der Eleganz eines kaputten Fährschiffes treibt der Kommissar, notdürftig gepanzert mit einem Stangenanzug, durch die Nebel Wiesbadens. Die neue Folge "Es lebe der Tod" (sie wird am Sonntag ausgestrahlt) ist ein halluzinogener Ausflug in die Gefilde der Lebensmüdigkeit. Hessen, das deutsche Bundesland, versinkt tief in skandinavischer Depression.

Der absolut bezwingende Reiz der Totenbeschwörung resultiert wieder einmal aus der liebenden Verschmelzung des Polizisten mit dem von ihm überführten Täter. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen; der wunderbare Theaterschauspieler Jens Harzer leiht ihm den leicht gaumigen Gesang.

Gipfelkonferenz zweier Schauspielgötter

Es geht also nicht so sehr darum, wer hier was verbrochen hat. Das pseudoethische Anliegen, Menschen, die ohnehin auf alles pfeifen, in ein für sie angeblich besseres Jenseits zu befördern, ist striktest abzulehnen. Wer jedoch jemals Harzers Sound gelauscht hat, der bestrickenden Melodie seiner verschatteten Stimme, der würde diesem Mann – dem vielleicht begabtesten Wortkünstler seiner Bühnengeneration! – sogar trichinöses Fleisch als Sonntagsbraten abkaufen.

Eine Gipfelkonferenz zweier Schauspielgötter. Wiesbaden? Gleicht für eineinhalb Stunden einem verfrosteten Olymp. Man freut sich ohnehin wie ein Schneekönig, wenn die "Tatort"-Macher für einmal ihre beiden Leib-und-Magen-Themen ruhen lassen: 1.) Jihadisten in Deutschland, 2.) Kindesmissbrauch in Deutschland. (Ronald Pohl, 19.11.2016)