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Facebook wird einmal mehr wegen seiner Löschpraxis kritisiert.

Foto: AP Photo/Jeff Chiu

Ein Mädchen wird brutal von mehreren Jugendlichen geschlagen. So lange, bis sie Blut spuckt und ihr Kiefer gebrochen ist. Das Video des Vorfalls aus Wien sorgt seit Tagen für Aufregung. Die 15-Jährige Niederösterreicherin befindet sich im Spital, mehrere Beteiligte wurden angezeigt, die Hauptverdächtige inzwischen festgenommen. Das Video wurde auf Facebook zehntausendfach geteilt und Millionen Mal angesehen. Erst auf anhaltenden Druck der Staatsanwaltschaft St. Pölten wurde es schließlich gelöscht.

"Von öffentlichem Interesse"

Nutzern, die das Video gemeldet haben, teilte das soziale Netzwerk mit, dass der Inhalt nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoße. "Wenn solche Inhalte aus sadistischem Vergnügen oder zum Zwecke der Gewaltverherrlichung geteilt werden, dann löscht Facebook sie. Schnell. In dem vorliegenden Fall ist der Post aber eindeutig gegen diese Gewalt", sagt eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber dem WebStandard noch vor der Entfernung.

Facebook werde genutzt, um Erfahrungen mit anderen zu teilen. Manchmal würden diese Inhalte auch als "verstörend" empfunden. Das könne auch von öffentlichem Interesse sein. Für Facebook war dies im vorliegenden Video der Fall, da jene Nutzer, die das Video teilen, die Tat verurteilen würden.

Oft Kritik an Löschpraxis

Grundsätzlich kann Facebook nur dann Inhalte überprüfen und eventuell entfernen, wenn diese gemeldet werden. Das Netzwerk wird wegen seiner Löschpraxis immer wieder kritisiert. Denn oft bleiben verstörende oder extreme Inhalte stehen, während harmlose Bilder von stillenden Müttern oder etwa das Foto eines Mannes mit Brandnarben gelöscht werden. Facebooks Argumentation ist für viele Nutzer oft nicht nachvollziehbar.

"Einige Kommentare und Inhalte können für jemanden störend sein – Kritik an einer bestimmten Kultur, Land, Religion, Lebensstil oder politische Ideologie, zum Beispiel. Das allein ist kein Grund, um die Diskussion zu entfernen", heißt es seitens des Unternehmens. Inhalte, Gruppen oder Seiten, die sich "gegen Länder, Religionen, politischen Organisationen oder Ideen richten" würden in der Regel nicht entfernt.

Politik fordert Maßnahmen gegen Gewaltinhalte

Der Vorfall wird auch in der Politik heftig diskutiert. Familienministerin Sophie Karmasin sagte, dass es Schritte gegen Gewalt in sozialen Medien brauche. Bundeskanzler Christian Kern sprach von einer Verrohung der Gesellschaft, die man nicht akzeptieren dürfe. Justizminister Wolfgang Brandstetter verwies darauf, dass gegen Facebook bereits Verfahren wegen Verhetzung laufen. Die Löschung von Inhalten könne nur im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens erzwungen werden.

Damit argumentiert auch das Unternehmen. Wenn eine Strafverfolgungsbehörde das Löschen eines Inhalts verlangt, können sie ebenfalls eine Anfrage an Facebook stellen. Das werde dann vom Unternehmen geprüft, auch um gegebenenfalls Beweismaterialien zu sichern. Auch abgebildete Personen könnten sich zudem an Facebook wenden, wenn sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen. Eine solche Meldung ist auch für Personen ohne Facebook-Account über eine eigene Seite möglich. (Birgit Riegler, 15.11.2016)

Update, 21:30: Facebook hat das Video mittlerweile auf Druck der Staatsanwaltschaft entfernt, der Artikel wurde entsprechend aktualisiert.