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Der legendäre 100 Club heute. Hier fand am 20. und 21. September 1976 ein Festival von etwas statt, das später "Punk" heißen sollte. Dabei waren unter anderen die Sex Pistols, The Clash, Siouxsie and the Banshees und die Buzzcocks.

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Die Sex Pistols im Jahr 1977. Zu diesem Zeitpunkt hatte man es mit den Singles "Anarchy in the U.K." und "God save the Queen" bereits zu Berühmtheit gebracht. Das erste Studioalbum "Nevermind the Bollocks, Here's the Sex Pistols" erschien im November desselben Jahres.

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Punk ist ein weltweites Phänomen geworden. Auch im nicht gerade als liberal geltenden Myanmar weiß man sich dementsprechend zu kleiden. Hier bei einem Konzert im Sommer 2015, noch bevor die Polizei kam.

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"Charakteristisch für den Punk sind provozierendes Aussehen, eine rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten", so sagt es Wikipedia. 40 Jahre nach der "Punk-Explosion" im Londoner Club 100, wo 1976 die "Geburtsstunde des Punk" gefeiert wurde, geht uns dieser Satz locker über die Lippen. Das war nicht immer so. Als in den Straßen New Yorks und Londons die ersten Menschen auftauchten, die man "Punks" nennen konnte, standen alle – Eltern, Lehrer, Polizisten, Politiker, ja sogar die Queen höchstpersönlich – vor einer großen Frage: Was wollen die, und was soll das alles?

Krach, Chaos, Hedonismus

Niemand von ihnen, nicht einmal die Protagonisten selbst, hätten ahnen können, welche Wellen die für damalige Zeiten geradezu revolutionäre Haltung, oder eben Nichthaltung, dieser jungen Menschen schlagen würde. Arbeiten, heiraten und Kinder kriegen – wozu? Sauber und ordentlich aus dem Haus gehen – wozu? Das Streben nach einer besseren Welt – wozu? Ruhe und Ordnung begegnet man mit Krach und Chaos. Bürgerlichen Vorstellungen von Sitte und Moral mit einer gehörigen Portion Hedonismus.

Zwar rieben sich schon zuvor verschiedene Lebensentwürfe durch ihre bloße Existenz an der Norm, die totale Opposition dazu und die demonstrative Aggressivität der Punkszene, die sich nicht zuletzt in der Musik zeigten, trafen seither den Nerv vieler Menschen wie kaum etwas anderes. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt auch der relativ einfache Zugang: Über Frisuren, die Kleidung oder die bloße aufsässige Anwesenheit in der Öffentlichkeit konnte man schnell seine Umwelt vor den Kopf stoßen.

"No Future" als Lebensentwurf

Freilich, dieser Lebensstil ist auf Dauer nicht leicht durchzustehen, radikaler Nonkonformismus und genannter Hedonismus sind überaus anstrengend. Und irgendwann plagen fast jeden am Ende seiner Adoleszenz stehenden Menschen dann doch gewisse, nahezu unausweichliche gesellschaftliche und materielle Zwänge. "No Future" ist nicht wirklich etwas, das als dauerhaftes Lebensmotto taugt; und die Textzeile "Jung kaputt spart Altersheime" bleibt am Ende eben nur das – eine Zeile. Das musste bisher jede Punkgeneration irgendwann am eigenen geschundenen Leib erfahren.

Von Pseudos und Verrätern

Übt man damit Verrat an alten Idealen? Hier wird es kompliziert. Ein Standpunkt lautet, man könne nicht einfach aufhören, Punk zu sein. Punk ist demnach eine Geisteshaltung, eine ganze Palette an Vorstellungen, Werten und Idealen, die man eben hat oder nicht. Lediglich Lebensumstände ändern sich, man wird älter, Vorlieben und Ansprüche in Sachen Musik und persönlichen Umgang werden andere.

Vielleicht entscheidet man sich irgendwann doch dafür, im Job weiterzukommen, Familie und ein Haus in der Vorstadt zu haben. Die kompromisslose Haltung gegenüber manchen Dingen bleibt aber, nur sind es andere als früher. Oder, um es wie ein Leser im britischen "Guardian" zu sagen: "Punk gewesen? Dann warst du wahrscheinlich nie einer."

Wie viel Punk steckt(e) in Ihnen?

Was fällt Ihnen als Erstes zum Thema Punk ein? Hegen Sie Sympathien oder eher Skepsis gegenüber Stil und Haltung, die sich im Grunde selbst ablehnt? Erinnern Sie sich noch an die Konflikte mit Eltern, Lehrern, Polizisten – oder eben Punks in Ihrem Umfeld? Was hat Sie dazu bewegt, sich auf Konzerten voller Punks, Skinheads und womöglich sogar Mods herumzutreiben? Was davon ist geblieben, was würden Sie so lieber kein zweites Mal machen? Und was tun, wenn die eigenen Kinder plötzlich damit beginnen, Löcher in die schönen neuen Jeans zu schneiden? (jnk, 21.9.2016)