Grafik: der Standard

Mit dem Panoramaglasdach verwandelt sich der F-Pace zum luftigen Schloss.

Foto: Andreas Stockinger

Der F-Pace katapultiert Jaguar beim Fahrzeugabsatz in eine neue Liga

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Die automatische Hecktür öffnet und schließt zügig, Fixierhaken und -schienen schränken das Eigenleben des Gepäcks ein.

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Das Navi fällt nach ein paar Sekunden immer wieder zurück auf den ihm richtig dünkenden Zoomfaktor.

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Inland/Ausland – Vorwärts, Sprung, decken. Die Assoziation an die Grundausbildung beim Bundesheer kam unsereinem in den Sinn beim ersten Gaspedalimpuls. Mann, legt der vielleicht los. Der F-Pace 30d springt geradezu aus dem Stand, aus der Deckung, nach vorn. Gut, wir reden von 300 PS. Die bekommt man jedoch andernorts auch gezähmter gereicht. Aber gut so, denn das erzieht einerseits zu Behutsamkeit und Sensibilität, was in Zeiten dramatischer sittlicher Verrohung immer ein löblicher pädagogischer Ansatz ist. Andererseits bringt es Markenname und -emblem glaubhaft rüber: Jaguar.

4,73 Meter lang ist der F-Pace. Ein vernünftiger Kompromiss – noch kein Schlachtschiff und doch geräumig genug für fünf Insassen (samt Gepäck).
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Bleiben wir gleich beim Temperament, denn das zeichnet den ersten SUV des Hauses durchgehend aus. Der Drei-Liter-Selbstzünder kann richtig sportlich, stellt im normalen Fahrbetrieb Leistung im Überfluss bereit, und dass die auch stets optimal abrufbereit ist, dafür ist die 8-Gang-Automatik von ZF zuständig.

Dabei klingt der V6-Diesel recht kultiviert, und er wechselt dabei, je nach Pedaldruck, zwischen heiter und gewittrig. Bei der Kraft und den knapp 1,9 Tonnen Leergewicht sind die 8,5 l / 100 km Testverbrauch ein Wert, für den sich Jaguar nicht genieren muss. Und falls das wen interessiert: In 6,2 Sekunden absolviert er den Null-auf-hundert-Sprint, das ist gar nicht so weit weg zum Beispiel von einem Honda Civic Type R (310 PS; 5,7 sec 0-100 km/h).

Der F-Pace sprintet wie ein Sportwagen.
Foto: Andreas Stockinger

Es war hier unlängst die Rede vom "S" in SUV, Sport(s), und von Majestätsbeleidigung – Letzteres nicht in Richtung Bosporus gemeint, sondern Richtung Porsche. BMWs X4 in der M40i-Version hat ernsthaft Anstalt gemacht, den Macan in dieser seiner Kernkompetenz anzupöbeln. Nun auch der F-Pace, der nicht von ungefähr schon von Abmessungen und Silhouette her das so außerordentlich stimmige Vorbild zitiert.

Linienführung

Auch in Sachen Fahrwerk (betont straff), Lenkung (präzise, direkt) und im Willen zur Kurve (alles im Sinne sauberer Linienführung) strebt der Jaguar in die von Porsche vorgezeichnete Richtung. Das ist auch insofern als folgerichtig nachvollziehbar, als beide Hersteller über ein annähernd vergleichbares Image verfügen.

Jaguar baut jetzt also auch einen SUV, getreu Wilhelm Buschens Motto: Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit, wir laufen mit. Der F-Pace katapultiert Jaguar beim Fahrzeugabsatz in eine neue Liga, die 150.000 Stück Markengesamtabsatz geraten in Sichtweite. Den Engländern kann man nur gratulieren zu ihrem Auftritt seit Beendigung der Ford-Ära. Jedes Auto sitzt, am besten sitzen F-Type (siehe Seite 13) und F-Pace.

Viel Leder, Holz und Alu, da fühlt man sich gut aufgehoben.
Foto: Andreas Stockinger

Am Detail hat Firmenschwester Land Rover mit den Leuchtkörpern des Range Rover Evoque vorexerziert, wie man zwangsläufig fette Grundform (SUV) durch behutsam gesetzte Federstriche auf schlanke optische Wirkung trimmt. Für Markanz ist der Kühlergrill zuständig, für Muskeln die restlichen Außenflächen.

Innen übernimmt der F-Pace den Grundtenor des Exterieurs (Rundform), alles gefällig und ansehnlich und von höherem ästhetischem Empfinden zeugend. Viel Leder, Holz, Alu(-Zierrat), da fühlt man sich gut aufgehoben, my SUV ist my castle oder so. Ordert man das riesige Panoramaglasdach dazu, verwandelt sich der F-Pace vom Castle zum luftigen Schloss, und gegen sommerliche Aufheizung hilft Schließen der Jalousie.

Hinsichtlich Geräumigkeit, Sitzkomfort, Variabilität gibt es wenig zu bekritteln. Die automatische Hecktür öffnet und schließt zügig, Fixierhaken und -schienen schränken das Eigenleben des Gepäcks auf vorbildliche Weise ein, auch da hat Jaguar sich die Stärken der Gegner genau angesehen.

Hochsitz

Zwei Punkte trüben den positiven Gesamteindruck ein klein wenig. 1.) Man sitzt recht hoch. Klar, werden Sie sagen, ein SUV, da sucht man das ja gerade. Stimmt, aber das war nicht gemeint. Sondern die Vordersitze als solche. Sie lassen sich – bezogen aufs Fußbodenniveau – nicht so tief absenken, wie etwa der Tester sich das wünschen würde. Das hat man davon, wenn man kein Sitzriese ist.

Hinsichtlich Geräumigkeit, Sitzkomfort, Variabilität gibt es wenig zu bekritteln.
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2.) Infotainmentsystem. Porsche steigt beim neuen Panamera gerade auf Touchscreen um – Jaguar hat das schon generell bei seinen Autos. Mit Wischen und Zoomen wie vom Smartphone gewohnt. Nur: Dort sollte es auch bleiben. Im Auto hingegen birgt das enormes Ablenkungspotenzial. Nie findet der Fahrer mit schwankendem Finger gleich, was er sucht. Bevor die Touchscreen-Welle alles überrollt, sollte man sich vielleicht nochmal Gedanken machen über den Sicherheitsaspekt. Da lenkt ja SMS-Schreiben während der Fahrt kaum mehr ab.

Über den eigenwilligen Zugang Jaguars beim Navi haben wir uns andernorts schon ausgelassen. Um das Selbstbestimmungsrecht der Völker war es in der Geschichte nicht immer zum Besten bestellt. Um jenes des F-Pace-Fahrers auch nicht. Denn das Navi fällt nach ein paar Sekunden immer wieder zurück auf den ihm richtig dünkenden Zoomfaktor.

Da also gibt es Optimierungspotenzial. Ansonsten aber, wie gesagt: Jaguars erster SUV hinterlässt einen grundsoliden, in etlichen Punkten sogar begeisternden Gesamteindruck. (Andreas Stockinger, 15.9.2016)