Mit Stand Ende 2014 gab es österreichweit 307 Palliativbetten, mit denen der Gesamtbedarf laut Dachverband Hospiz nur zu 70 Prozent gedeckt ist.

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Wien – Gut ein Jahr ist es her, dass sich das österreichische Parlament in einem einstimmigen Beschluss dazu bekannte, die Hospiz- und die Palliativversorgung zur Betreuung und Schmerztherapie für unheilbar kranke Menschen flächendeckend auszubauen. Der Bedarf sei nur zu ungefähr 50 Prozent gedeckt, sagte Caritas-Präsident Michael Landau am Freitag bei einer Pressekonferenz. "Noch immer hängt es maßgeblich von Spenden ab, dass Betroffene jene Versorgung erhalten, die sie dringend benötigen", ergänzte Landau. Rasches Handeln sei gefragt.

Die Schritte, die seit dem Parlaments-Ja zum Ausbau der Versorgung gesetzt wurden, sind überschaubar: Vergangenen Dezember beschloss der Ministerrat – mit Verspätung – die Einrichtung eines Hospiz- und Palliativforums. Am Donnerstag dieser Woche wurden dessen Präsidentinnen öffentlich bekanntgegeben: Waltraud Klasnic, die auch Vorsitzende des Dachverbands Hospiz ist, und die Medizinerin Elisabeth Pittermann-Höcker, die in den Jahren 2000 bis 2004 als Wiener Gesundheitsstadträtin tätig war. Beide waren am Freitag bei der Pressekonferenz anwesend.

72 Millionen für Vollausbau

Klasnic sagte zu ihrer neuen Aufgabe: "Das Ziel ist vorgegeben: die Umsetzung der flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung bis 2020." Pittermann-Höcker ergänzte: "Die Hospiz- und Palliativversorgung muss in Österreich für alle, die es brauchen, leistbar, erreichbar und zugänglich sein. Dazu müssen wir Kompetenzen und Finanzierung klären." Klasnic zufolge werde der weitere Ausbau insgesamt 72 Millionen Euro kosten.

Hospizteams verdoppeln

Nach Erhebungen des Dachverbands Hospiz fehlten mit Ende 2014 (Zahlen von 2015 fehlen noch) auf Palliativstationen österreichweit insgesamt 30 Prozent der benötigten Betten (307 waren es), bei stationären Hospizen waren es 73 Prozent (es gab 93 Betten). Der Bedarf der Tageshospize war nur zu 40 Prozent gedeckt (durch vier Einrichtungen in Salzburg, Graz, St. Pölten und Wien). Bei mobilen Palliativteams fehlten rund ein Drittel und bei den Hospizteams mit 47 Prozent noch fast die Hälfte des Bedarfs – der sich aus bereits 2004 errechneten Zahlen der Gesundheit Österreich GmbH (Öbig) ergibt.

Lücken für Kinder in Kärnten und Tirol

Im Kinder- und Jugendbereich fehlen nach Angaben des Dachverbands Hospiz in Österreich (Stand Ende 2015) noch in vier Bundesländern (Burgenland, Kärnten, Tirol, Vorarlberg) mindestens je ein mobiles Kinderpalliativteam sowie in Kärnten und Tirol auch Kinderhospizteams. Ein vorhandenes stationäres Kinderhospiz müsste noch von ein bis zwei weiteren solcher Einrichtungen ergänzt werden, zudem fehlen demnach pädiatrische Palliativbetten an sämtlichen Kinder- und Jugendabteilungen (mit Ausnahme eines Standorts mit drei Betten in Niederösterreich).

Forum soll an Regelfinanzierung mitarbeiten

Das Hospiz- und Palliativforum, dem Klasnic und Pittermann-Höcker vorsitzen, soll unter anderem zur besseren Vernetzung dieser bereits vorhandenen Einrichtungen untereinander und mit anderen Gesundheitseinrichtungen beitragen. Es soll weiters die Kostenschätzungen für den Ausbau auf Validität und Aktualität hin prüfen, die Einbindung Ehrenamtlicher fördern und bei der Erarbeitung einer Regelfinanzierung für Hospiz- und Palliativeinrichtungen mitwirken. In dem 14 Personen umfassenden Forum sitzen Vertreter des Sozial-, Finanz- und des Gesundheitsministeriums, des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, der Österreichischen Palliativgesellschaft, des Seniorenrats und des Dachverbands Hospiz. Die konstituierende Sitzung soll laut Klasnic im April stattfinden.

Caritas will Rechtsanspruch

Caritas-Präsident Landau rief die Bundesregierung, die Länder und die Sozialversicherungsträger dazu auf, zusammenzuarbeiten und Versorgungslücken zu schließen, die Regelfinanzierung zu sichern, und er fordert einen Rechtsanspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung. Dieser könne, so sein Vorschlag, im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz verankert werden. Die bisher stark spendengetragenen Kosten für die Versorgung Sterbender und Schwerkranker sollten nach Landaus Meinung beim Finanzausgleich thematisiert werden. Im Finanzministerium verwies man am Freitag diesbezüglich auf die laufenden Verhandlungen, wo ja in zwei Gruppen Pflege und Gesundheitsfinanzierung Thema seien. (Gudrun Springer, 25.3.2016)