Franz Amtmann, ausgezeichneter NFC-Erfinder.

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STANDARD: Sie haben im Jahr 2002 den Schaltkreis entworfen, der der NFC-Technologie (Near Field Communication) zugrunde liegt. Wie war die Situation damals?

Amtmann: Wir starteten 1991 im Grazer Technologiepark. 1994 entwickelten wir im damaligen Unternehmen Mikron die kontaktlose Chiptechnologie Mifare, eine Karte, die für kontaktlosen Fahrkartenkauf eingesetzt wurde. Das System wird heute in 700 Städten weltweit eingesetzt. An der Grazer Universität dient es etwa zur Zugangskontrolle. Nach Mifare fragten wir uns, wie der nächste Schritt aussehen könnte. Wir glaubten, dass die Funktion einer Smartcard, die zur passiven Identifikation dient, mit der Funktion eines Readers in einem Gerät verbunden werden sollte. Das war die Geburtsstunde von NFC.

STANDARD: Welche Vision steckte hinter der Nahfeldkommunikation?

Amtmann: Man hat alle Vorteile einer passiven Smartcard wie Zugangskontrollen oder Fahrkartenkauf. Zusätzlich können aber auch aktive Lesegeräte kommunizieren. Die Technik wurde interaktiver. Anwendungen wie mobiles Bezahlen wurden möglich. Eine andere Anwendung sind etwa Smart Poster, Werbeplakate, die Informationen oder einen Link ans Handy senden, wenn man es damit berührt. Das Unternehmen sieht dabei sofort, wie viele Menschen sich für den Werbungsinhalt interessiert haben.

STANDARD: Könnte man einen NFC-Datenaustausch abfangen?

Amtmann: Wir haben das genau untersucht. Wir kamen zum Ergebnis, dass man mit unbegrenzten Mitteln maximal zwei bis drei Meter Reichweite erzielen kann. Man bräuchte riesengroße Antennen und umfangreiches Equipment. Das könnte man nicht im Verborgenen machen.

STANDARD: Wie sehen Sie das künftige Potenzial der Technologie?

Amtmann: Die Zahl der Anwendungen wächst sehr schnell. Man kann NFC etwa für Home Automatisation verwenden. Ich benutze es etwa selbst, um die Jalousien mit einer simplen Berührung rauf- und runterfahren zu lassen. Das sind sehr einfache Anwendungen, die jeder verwenden kann. In der Industrie wird NFC immer öfter im Logistikbereich verwendet, um Waren zu verfolgen. Wir arbeiten an einer Erweiterung der Technik, um diese Spezialanwendungen zu unterstützen.

STANDARD: Ein Patent schützt eine Erfindung für 20 Jahre. Die Verbreitung von NFC kommt erst jetzt, mehr als zehn Jahre nach der Erfindung, richtig ins Laufen. Bleibt genug Zeit für die Verwertung?

Amtmann: Zuerst haben wir Patente eingereicht, die den Kernbereich der Technik abdecken. In der Zwischenzeit ist viel an Umsetzungen und Anwendungen gearbeitet worden, die ebenfalls patentiert wurden und entsprechend später auslaufen. Ich habe insgesamt Anteil an 50 Patenten, viele davon betreffen NFC. Für eine Technologie, die sich weltweit verbreiten soll, braucht man einen Industriestandard. Um diesen zu erreichen, muss man die neue Technik unter fairen und angemessenen Bedingungen weitergeben. Man verdient nicht sehr viel Geld damit.

STANDARD: Dass Österreich einen Anteil an der Erfindung des Technologiestandards mit weltweiter Verbreitung hat, ist überraschend. Wie kommt es dazu, dass gerade in der Steiermark die Basis für NFC gelegt wurde?

Amtmann: Mit ein Grund, warum sich so viele Technikunternehmen in der Steiermark ansiedeln, ist, dass wir eine sehr gute Technische Universität haben. Kein Wunder, dass hier dann auch viel geistiges Eigentum erzeugt wird. (Alos Pumhösel, 18.6.2015)