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Die von ihm selbst an die Wand gemalte Hölle bleibt Richard Lugner erspart. "Ich bin kein Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft."

Foto: apa/Herbert Pfarrhofer

Wien - "Ich bin kein Don Quijote, der weiterhin gegen Windmühlen kämpft." Richard Lugner gibt auf. Zwei Jahrzehnte lang hat der Wiener Einkaufscenterbesitzer ein juristisches Feuerwerk gegen Österreichs Gesetze zur Ladenöffnung gezündet. Jetzt ist damit Schluss, Lugner mag nicht mehr. "Es hat irgendwann keinen Sinn mehr, da noch Geld reinzubuttern."

Grund für Lugners Resignation ist der Verfassungsgerichtshof. Er hat ihm und zwei Handvoll weiteren Antragstellern - alles kleine in seiner Lugner-City vertretene Geschäfte - eine Abfuhr erteilt. Es ist die zweite innerhalb weniger Jahre. Parallel dazu hat sich der mittlerweile 82-Jährige beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschwert, versucht, Hebel in Brüssel in Bewegung zu setzen, die Handelskette Spar angezeigt und Fehden mit der Gewerkschaft ausgefochten. Alles ohne Erfolg.

"Da ist eine einzementierte Sozialpartnerschaft, die es nicht einmal am Samstag zulässt, dass bis sieben abends eingekauft werden darf." Sonntags hätte er ohnedies nur an den Nachmittagen aufsperren wollen, seufzt Lugner. "Damit die Leut' am Vormittag in die Kirche gehen können. Wobei: Da geht eh keiner mehr hin." Etliche Anwälte und bekannte Verfassungsrechtler hat der frühere Bauunternehmer auf die gesetzliche Sonntagsruhe angesetzt. Was in Summe an die 200.000 Euro gekostet habe, wie er schon vor Jahren vorrechnete. Irgendwann werde der handelsfreie Sonntag ja wohl auch in Österreich fallen, "ich für mich lass es jetzt aber bleiben".

Unternehmerische Freiheit

Lugner hatte es mit dem zweiten Anlauf im Dezember 2013 mit dem Recht auf unternehmerische Freiheit, Eigentumsgrundrechten und dem Grundsatz auf Gleichheit probiert. Immerhin ist die Regelung zur Sonntagsöffnung mittlerweile durchlöchert wie ein Emmentalerkäse. Große Einkaufscenter an Bahnhöfen ziehen Kunden an sieben Tagen die Woche an. Rewe und Spar nutzen Tankstellen als breiten sonntäglichen Absatzweg.

Für den Verfassungsgerichtshof hat freilich alles weiter seine Richtigkeit. Und er hält dies in einer nun veröffentlichten Erkenntnis, zu der er Anfang März kam, fest.

Die Ausnahmen von bestehenden Sperrstunden lassen sich aus seiner Sicht durch besondere Einkaufsbedürfnisse argumentieren. Wobei er nicht verkennt, dass das manchen Betrieben Wettbewerbsvorteile bringt. Die allfälligen Privilegien seien jedoch auf das Notwendige beschränkt. Der Verfassungsgerichtshof anerkennt auch eine Eigentumsbeschränkung der Beschwerdeführer aufgrund ihres strengeren Zeitkorsetts für Händler. Aber andere Interessen wiegen für ihn deutlich schwerer.

Sozial- und familienpolitische Fuktionen

"In allen europäischen Gesellschaften gibt es einen Ruhetag in der Woche, mag dieser aus religiösen Gründen, aus Gründen der Erholung oder aus sozial- und familienpolitischen Gründen angeordnet sein", ist seinem Rechtssatz zu entnehmen. Am öffentlichen Interesse an der Wochenendruhe habe auch der gesellschaftliche Wandel der vergangenen zwei Jahrzehnte nichts geändert. Kurzum: Für Ladenschluss am Wochenende spreche das besondere Ziel "der Wahrung der sozial- und familienpolitischen Funktionen".

Die Richter ließen sich auf den Vorwurf der Ungleichbehandlung gar nicht ein, klagt Lugner - doch auf der Ebene von Religions-, Kultur- und Freizeitdebatten weiterzuringen sei für ihn chancenlos.

Dass sich Wiens Sozialpartner auf eine Tourismuszone einigen, die auserwählten Handelszonen die Sonntagsöffnung bringt, bezweifelt er. Da die Verantwortlichen rund um seine Lugner-City weit und breit keine Sehenswürdigkeiten ausmachen, wäre er davon ohnehin nicht betroffen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 14.4.2015)