Christian Zimmermann: "Für das neue iPhone gibt es vier Millionen Bestellungen. Da interessieren sich nur wenige für die Herstellung."

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STANDARD: Die Welt ist derzeit geprägt von geopolitischen Krisen und niedrigen Zinsen. Ein gutes Umfeld für ökologische Anlagen?

Zimmermann: Wenn man sich die vergangene Performance ansieht - ja. Die letzten zwölf Jahre gab es viele Krisen, samt der Finanz- und Eurokrise. Ein globaler Aktienfonds hat in dieser Zeit sieben Prozent Rendite gebracht. Wir haben mit dem Global-Ecology-Fonds - der auch nicht immer super lief - neun Prozent p. a. über die letzten zwölf Jahre gemacht. Ich glaube, dass sich der Trend fortsetzen kann.

STANDARD: Wie hat sich in den vergangenen Jahren das Interesse der Anleger entwickelt?

Zimmermann: Es ist volatil. Aber der Trend ist aufwärtsgerichtet. Ich habe den Fonds 2002 übernommen bei 25 Millionen Euro investiertem Kapital. Damals waren Aktien gerade völlig out. Nachhaltigere Themen waren auch noch kein großes Thema. Das hat sich bis 2007 extrem gewandelt. Da hatten wir den Solarboom. In dieser Phase konnten wir eine knappe Milliarde Euro einsammeln. Da war auch vieles performancegetrieben. Man braucht für so einen Fonds auch Geduld für Schwächephasen.

STANDARD: Heute kennen wir alle die Dokumentationen über Produktionsprozesse inklusive Kinderarbeit und massiver Umweltverschmutzung. Hilft diese Aufklärung auch den nachhaltigen Investments, oder hört die soziale Betroffenheit bei der Jagd nach Rendite wie- der auf?

Zimmermann: Als Konsument habe ich es in der Hand, ich muss ja nicht alles kaufen. Auch Konsumenten könnten sich ein System überlegen, was sie noch kaufen und was nicht - ähnlich unseren Ausschlusskriterien. Die Eigenverantwortung trägt jeder selbst. Aber - und das ist, glaube ich, schon etwas, was sich in den vergangenen Jahren geändert hat - wir haben jetzt innerhalb der Gesellschaft ein größeres Bewusstsein für das Thema Ökologie und Nachhaltigkeit. In fast jedem Unternehmen gibt es schon einen Nachhaltigkeitsbeauftragten. Das zeigt, dass hier ein Stück Sensibilisierung Einzug gehalten hat, und das wird sich fortsetzen. Leute wie der Tesla-Gründer sind auch davon getrieben, ein Stück Weltverbesserung zu betreiben.

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Chic und elektrischer Antrieb: Diese Kombination macht nicht nur das Auto von Tesla Motors, sondern auch die Aktie zu einem beliebten Investment.
Foto: EPA / Erik S. Lesser


STANDARD: Welches Thema treibt derzeit die nachhaltigen Investments an?

Zimmermann: Es gibt mehrere Zugpferde. Eines ist wieder Solar. Die Branche hat sich erholt. Es gibt aus dem Markt einen Wachstumszyklus, der nicht mehr subventionsgetrieben ist. Solar ist in einigen Ländern bereits kompetitiv gegenüber fossilen Energieträgern. China, Japan, Südafrika und Chile - das sind große Treiber in dem Segment. Energieeffizienz ist ein großes Thema ebenso wie nachhaltige Mobilität.

STANDARD: Wasser wird immer wieder als großes Thema genannt ...

Zimmermann: Wasser ist eine Ressource, die in der Dritten Welt einen immer größeren Stellenwert bekommt. Die Produktion für Waren in den Industrieländern wird ausgelagert nach China oder Kambodscha. Diese Produktionsprozesse brauchen extrem viel Wasser. Ein Baumwoll-T-Shirt verbraucht in der Herstellung ungefähr 2000 Liter Wasser, ein Auto 10.000 bis 20.000 Liter. Wir haben mit der Produktion auch die Probleme ausgelagert. Vor der Verantwortung können wir uns aber nicht drücken. Vor allem vor dem Hintergrund, dass in China 70 Prozent der Wasserressourcen verschmutzt sind. Wasser wird auch nach mehreren Reinigungsprozessen nicht mehr so rein, dass es etwa für Hochtechnologieverfahren verwendet werden kann. Das wird für China auch zum Standortnachteil. Ganz abgesehen von der Qualität des Trinkwassers.

STANDARD: Umweltverschmutzung, Klimawandel, Ressourcenverknappung, Überbevölkerung - welches dieser Themen wird die Menschheit als Erstes auszubaden haben?

Zimmermann: Ich glaube, eiskalt erwischen wird uns keines dieser Themen, weil wir sie ja seit langem diskutieren. Die Diskussion ist der erste Schritt hin zu Lösungen. Das hat man bei Tesla gesehen oder bei der Entwicklung der Solarzellen. Es gibt immer wieder Leute, die den Problemen das Positive abgewinnen, indem sie eine Lösung finden wollen. Denken sie an die Debatte über das Waldsterben. Die Wälder konnten sich auch erholen. Wegen des Ozonlochs wurden FCKW verboten. Die Seen sind heute weniger übersäuert als früher.

STANDARD: Welche Aktien dürfen in Ihre Fonds, welche nicht?

Zimmermann: Wir haben Ausschlusskriterien, dazu zählen Tabak, Alkohol, Pornografie, Glücksspiel, Kernkraft, Kinderarbeit sowie Verfehlungen bei Arbeits- und Menschenrechten. Firmen, die dagegen verstoßen, werden für den Fonds nicht berücksichtigt.

STANDARD: Sie sagen, Sie investieren in umweltfreundliche Technologien. Was davon könnte ein Anleger kennen? Der Fair-Trade-Kaffee ist bekannt, der Fair-Trade-Laptop aber nicht ...

Zimmermann: Wir investieren oft in Unternehmen, die nicht den Endkunden bedienen. Siemens etwa macht 40 Prozent seiner Umsätze mit Clean Technology, Windkraft etwa oder Wasseraufbereitung. Da gibt's kein Endprodukt zum Angreifen. Aber Siemens-Bosch-Kühlschränke, die energieeffizient sind, kennt der Konsument. Darauf wird beim Kauf geachtet, weil man weiß, dass man damit Kosten sparen kann. Elektroautos sind auch ein Beispiel, wo die Technologie den Endkunden erreicht hat.

STANDARD: Warum setzt sich bei Smartphones und anderer Technologie kein Green Label durch?

Zimmermann: Da geht es derzeit um die Quantensprünge bei der Technologie. Für das neue iPhone 6 gibt es vier Millionen Bestellungen. Da interessieren sich nur wenige für die Herstellung. Über die Produktion von Jeans wird schon gesprochen. Beim iPhone kommt das erst, wenn die Technologiesprünge nicht mehr so groß sind. Denn gerade in der IT ist Energieeffizienz enorm wichtig. Google und Apple brauchen enorm viel Energie für die Speicher der Clouds. Apple hat in den USA bereits einen der größten Solarparks unter seinem Management, um die Energie für eines seiner Datencenter zu produzieren.

STANDARD: Ist Apple daher eine Aktie, die für Ihren Fonds gerade noch infrage kommt?

Zimmermann: Nein, aufgrund der Verfehlungen beim Arbeitsrecht.

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Das neue iPhone 6 wurde bereits millionenfach bestellt. Für viele nachhaltige Investoren scheiden die Aktie jedoch aus.
Foto: Reuters/Adrees Latif


STANDARD: Stichwort "nachhaltige Mobilität". Ein Autohersteller wie Renault entwickelt zwar im Bereich E-Autos oder Hybrid-Fahrzeuge. Dennoch lebt er auch vom Verkauf herkömmlicher Pkws. Wo ziehen Sie die Grenze?

Zimmermann: Wir nutzen einen Spielraum, haben Tesla und Renault. Ich glaube, dass man sich als Investor auch überlegen muss, ob man die Zukunft kauft oder das bewertet, was war. Ich vertrete den Ansatz, dass man auch Firmen kaufen kann, die sich ändern wollen. Das geht nur schrittweise.

STANDARD: Das Screenen der Unternehmen auf Nachhaltigkeit und die Kooperation mit Nachhaltigkeitsagenturen kostet Geld. Müssen Anleger dafür einen Aufschlag zahlen?

Zimmermann: Nein, das ist in den Fondskosten enthalten. (INTERVIEW: Bettina Pfluger, DER STANDARD, 19.9.2014)