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Es geht nicht mehr: Dirigent Franz Welser-Möst (re.) tritt zurück und verzichtet auf alle geplanten Dirigate dieser Saison. Staatsoperndirektor Dominique Meyer (li.) spricht von "großem Verlust".

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - Schwerer Schlag für die Staatsoper zu Saisonbeginn: Dirigent Franz Welser-Möst hat am Freitag seinen sofortigen Rücktritt als Generalmusikdirektor des Hauses erklärt. Der Grund liege "in den seit längerer Zeit bestehenden Auffassungsunterschieden in künstlerischen Belangen", so Welser-Möst. Diese seien auch in mehreren Gesprächen nicht auszuräumen gewesen.

Der Oberösterreicher wird demnach auch alle für die aktuelle Saison vorgesehenen Dirigate und Neuproduktionen zurücklegen. Insgesamt hätte Welser-Möst 34-mal am Pult der Wiener Staatsoper stehen sollen. Unter anderem waren mit ihm die Neuinszenierungen von Verdis Rigoletto und Strauss' Elektra sowie eine Ballettpremiere geplant.

Direktor Dominique Meyer zum für ihn "sehr überraschenden" Verlust: "Mit großem Bedauern" habe er am Freitagvormittag "den Brief von Franz Welser-Möst entgegengenommen, in dem er mir den Verzicht auf seine Verpflichtung als Generalmusikdirektor mitgeteilt sowie alle Dirigate in der laufenden Spielzeit zurückgelegt hat". Dies sei "natürlich ein großer Verlust - und auch persönlich tut mir dieser Schritt sehr leid, denn ich schätze Franz Welser-Möst als Künstler und Dirigenten sehr." Meyer sehe seine Aufgabe nun darin, "so rasch wie möglich Ersatz für die Aufführungen zu finden, die er 2014/15 an der Wiener Staatsoper hätte dirigieren sollen. Gegenüber dem Standard äußerte er auch die Hoffnung, "Welser-Möst irgendwann für das Haus wiedergewinnen zu können. Natürlich nicht als Generalmusikdirektor - das ist vorbei."

Meyer gefasst und ruhig

Welser-Möst über seine Entscheidung gegenüber der APA: "Differenzen über die künstlerische Ausrichtung des Hauses" seien nicht "von heute auf morgen entstanden. Dominique Meyer ist als Direktor die Nummer eins. Er ist ein sehr netter Mensch und hat in künstlerischen Dingen andere Meinungen. Das steht ihm auch zu. Aber dann muss ich die Konsequenzen ziehen." Sein Entschluss sei nicht ad hoc gefasst worden, sondern langsam gereift. "Ich habe den Direktor dann persönlich davon informiert und ihm auch mein Rücktrittsschreiben überreicht. Er hat gefasst und ruhig reagiert. Er hat nichts gesagt", so Welser-Möst. Über Details der künstlerischen Differenzen meint der Dirigent: "Da geht es um Sänger und Dirigenten, da geht es um den ganzen Bereich, der die künstlerische Ausrichtung ausmacht." Dass er gleichzeitig mit seinem Rücktritt auch seine Dirigate zurückgelegt habe, begründete Welser-Möst damit, "Abstand gewinnen" zu müssen. "Das kann ich aber nicht, wenn ich im Haus bin. Glauben Sie mir: Das ist eine für mich sehr schmerzliche Entscheidung. Gerade nach diesem glücklichen Rosenkavalier in Salzburg" falle es ihm nicht leicht, auf die Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern zu verzichten.

Es ist nicht der erste Konflikt zwischen Meyer und Welser-Möst. Bereits in der ersten gemeinsamen Saison musste eine Così-fan tutte-Premiere abgesagt werden, da Welser-Möst mit Regisseur Jean-Louis Martinoty nach zwei Mozart-Produktionen (Don Giovanni, Figaro) nicht noch ein drittes Mal zusammenarbeiten wollte. Es schien danach aber ein Modus Vivendi gefunden worden zu sein, der eine tragfähige Zusammenarbeit garantierte.

Seit einer Weile muss es sich jedoch wieder zugespitzt haben: Welser-Möst und Meyer konnten trotz mehrerer Versuche keine Einigung erzielen. Zuletzt hat sich auch Kanzleramtsminister Josef Ostermayer als Vermittler angeboten. Holdingchef Günter Rhomberg deutet nun die Probleme als "Kommunikationskonflikt. Aber die beiden sind nicht böse aufeinander." Ob der Posten des Generalmusikdirektors nachbesetzt wird, bleibt offen. Vonseiten der Staatsoper heißt es, für die Beantwortung dieser Frege sei es definitiv noch zu früh. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 6.9.2014)