Bild nicht mehr verfügbar.

Deutsche Schülerin beim Abitur: Im Nachbarstaat kann Türkisch als freiwilliges Wahlfach zur Reifeprüfung gewählt werden - in Österreich geht das nur in einzelnen Ausnahmeschulen.

Foto: dpa/Stratenschulte

Wien - Im Büro von Unterrichtsminister Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) verweist man nach der Standard-Nachfrage "auf die Schulautonomie": Entscheide sich eine Schulverwaltung dafür, in ihrer Oberstufe Türkischunterricht anzubieten, so könne sie es ihren Schülern auch ermöglichen, Türkisch als zweite lebende Fremdsprache bei der Matura zu wählen. So wie es in Wien seit 2005 am Abendgymnasium Henriettenplatz praktiziert werde.

Ob Türkisch an Österreichs maturaführenden Schulen allerdings flächendeckend zum - frei gewählten - Maturafach werden soll, dazu hat man bei der Unterrichtsministerin noch keine klare Meinung: Derzeit werde zum Thema Matura "eine Fülle inhaltlicher Inputs diskutiert", schildert Heinisch-Hoseks Sprecherin, Julia Valsky.

Begonnen hat die Diskussion vor wenigen Tagen in der ÖVP. Auslöser war ein im Magazin der NGO SOS-Mitmensch veröffentlichtes Interview mit Isabella Leeb, ÖVP-Gemeinderätin in Wien und dem Soziologen Kenan Güngör. Aus ihrer "persönlichen Sicht" spreche "nichts dagegen", Türkisch als Maturafach zuzulassen, sagte Leeb, die in Wien auch VP-Bildungssprecherin ist.

Konzepte in der Schublade

Damit sprach die Bauunternehmerin ein in ihrer Partei ebenso wie in der Bundeskoalition kniffliges Thema an: Seit vor drei Jahren ein Nein der ÖVP - und massive Proteste der FPÖ - die Pläne der damaligen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) durchkreuzten, Türkisch als Fremdsprache bei der Matura zuzulassen, verstauben diesbezügliche Konzepte in der Schublade.

Dabei ist Türkisch die einzige in Österreich häufige Einwanderersprache, in der, von einzelnen Schulausnahmen abgesehen, nicht maturiert werden kann: Die Palette der als zweite lebende Fremdsprache abgeprüften Idiome reicht von Französisch, Italienisch, Spanisch über Russisch, Polnisch, Tschechisch, Ungarisch, Slowakisch, Slovenisch hin zu Serbisch-Kroatisch-Bosnisch.

"Türkisch ist ein Sprachschatz, der noch nicht gehoben worden ist", kommentiert dies Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun. Wirtschaftlich betrachtet sei das kontraproduktiv, denn das Land brauche Menschen, die Deutsch und Türkisch perfekt beherrschten: "In der EU ist Österreich der wichtigste türkische Handelspartner". 2011 hatten Korun und Grünen-Bildungsprecher Harald Walser den parlamentarischen Antrag gestellt, Türkisch als Lehramt an den Universitäten zu unterrichten, um ausreichend Türkischlehrer auszubilden. "Reaktion: "Keine", schildert Korun. (Irene Brickner, DER STANDARD, 10.6.2014)