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Eduard Wallnöfer

foto: archiv
Innsbruck - Nach dem Bekanntwerden der möglichen NSDAP-Mitgliedschaft des vor 16 Jahren verstorbenen Tiroler Langzeitlandeshauptmannes Eduard Wallnöfer haben die Grünen am Montag eine Auftragsforschung des Landes angeregt. Die Erforschung der NS-Zeit in Tirol sei bisher "sehr lückenhaft", meinte LAbg. Uschi Schwarzl.

Das Auftauchen der Akte Wallnöfer im Berlin Document Center zeige einmal mehr, dass keine Zeit, kein Land, keine Partei, kein Bund davor gefeit sei, dass auch ihre so genannten Helden Schattenseiten und dunkle Flecken aufweisen würden, meinte Schwarzl. Umso wichtiger sei deshalb, endlich eine vom Land Tirol initiierte und finanzierte Auftragsforschung über die Zeit des Nationalsozialismus inklusive Vorgeschichte vor 1938 und nach 1945 zu starten.

"Weiterhin sehr lückenhaft"

Auch wenn es viele Publikationen zum Thema Tirol im Nationalsozialismus, zum "Anschluss" und der Zeit davor gebe, sei die Erforschung der NS- Zeit, ihrer Vorgeschichte und vor allem ihrer Folgen in Tirol "weiterhin noch sehr lückenhaft, auch was die Parteienlandschaft, die Bünde oder Elitenkontinuitäten betreffe". Das Auftauchen der "Akte Wallnöfer" zeige eine dieser Lücken, genauso wie die nach wie vor ungeklärte Frage, warum in Tirol der prozentuelle Anteil an NSDAP-Mitgliedern besonders hoch gewesen sei.

Der heute 82-jährige Widerstandskämpfer und VP-Grande Ludwig Steiner erklärte in einem Interview in der Montagausgabe der Tiroler Tageszeitung, dass er nichts davon gewusst habe, dass Wallnöfer bei der NSDAP gewesen sei. Er müsse zugeben, dass er "sehr überrascht" sei. Wallnöfer habe ihm gegenüber nie etwas von seiner Parteimitgliedschaft erwähnt. Wallnöfer sei über Jahrzehnte hinweg Demokrat durch und durch gewesen, also genau das Gegenteil eines Nazis. Seine Leistungen für das Land seien unumstritten. Pauschalverurteilungen einstiger NSDAP-Mitglieder seien fehl am Platz. Zur NSDAP zu gehen, sei allerdings eine Dummheit gewesen.

Entlastung

Der Direktor des Tiroler Landesarchives, Univ.-Prof. Richard Schober, entlastete am Montag Eduard Wallnöfer. Er verwies auf einen Polizeibericht aus dem Jahr 1939, der der Wehrstammkarte des späteren Langzeitlandeshauptmannes beigelegt gewesen sei. Darin sei von politischer Unzuverlässigkeit Wallnöfers die Rede. Er habe sich nach einer Führer-Rede in der Öffentlichkeit abfällig geäußert.

Dieser Umstand zeige die Einstellung Wallnöfers, auch wenn er Mitglied der NSDAP gewesen sein sollte, meinte Schober in der ORF-Lokalradiosendung "Hallo Tirol". Die Eintragung stamme von jener Behörde, die heute mit der einer Bezirkshauptmannschaft vergleichbar sei.

Der älteste Sohn der Tiroler Politikerlegende, Benedikt Wallnöfer, hat zum Bekanntwerden der möglichen NSDAP-Mitgliedschaft seines Vaters Unverständnis geäußert. Nach seinem Tun und Handeln sei sein Vater "kein Nazi gewesen", betonte Wallnöfer am Montag. Ihm sei unverständlich, dass nach 60 Jahren bzw. 16 Jahre nach seinem Tod das Image seines Vaters so angekratzt werde, meinte Benedikt Wallnöfer. (APA)