Wien – Die Österreichische Hochschülerschaft ist "schockiert". Durch die von der Regierung geplante Novelle des Hochschülerschaftsgesetzes fühlen sich die grün-roten Studentenvertreter "mundtot" gemacht – und wollen eine gleichnamige Kampagne starten. Dafür sollen 120.000 Euro Rücklagen aufgelöst werden.

Das von der Regierung vorgeschlagene Modell einer Ersetzung der Direktwahl des österreichweiten Studentenparlaments durch eine proportionale Entsendung durch die einzelnen Universitätsvertretungen sei das einzige Modell, das der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) eine Mehrheit geben würde, kritisierte ÖH-Vorsitzende Barbara Wittinger (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS).

Das angedachte Modell diene nur dazu, dass "Schwarze zu ihren Zielen kommen und Macht ausüben", erklärte die stellvertretende ÖH-Chefin, Patrice Fuchs (Verband Sozialistischer StudentInnen/ VSStÖ). Klar sei natürlich, dass "wir nicht einen Regierungskurs fahren wie die AG".

Fuchs kritisierte auch die 50-prozentige Kürzung des Budgets der Bundesvertretung: Bisher seien vom ÖH- Budget 70 Prozent an die Universitätsvertretungen verteilt worden, nun sollen es 85 Prozent sein. Damit blieben statt 30 nur mehr 15 Prozent bei der Bundesvertretung.

Allerdings könne man nicht unbedingt behaupten, dass durch die Novelle die Universitätsvertretungen wirklich gestärkt würden, so Fuchs. Diese bekämen zwar mehr Geld, aber auch mehr Aufgaben. Leistungen der Bundesvertretung wie die juristische Beratung oder die Maturantenberatung könnten durch die einzelnen Universitätsvertretungen nicht im gewohnten Umfang angeboten werden.

"Schlechter Scherz"

Für einen "schlechten Scherz" halten die Fachschaftslisten (FLÖ) die Novelle zum ÖH-Gesetz. Zwar würden die FLÖ mandatstechnisch zu den klaren Gewinnern der Reform zählen, trotzdem sieht FLÖ-Sprecher Andreas Zahalka hinter dem Entwurf nur "den Wunsch nach einer blau-schwarzen Umfärbung der ÖH-Bundesvertretung". Der Entwurf sei keine Verbesserung.

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer versteht "die ganze Aufregung nicht". Die Aufwertung der Uni-Vertretungen sei eine nötige Anpassung an neue Verhältnisse. Gehrer ist zuversichtlich, dass im Juni bereits nach dem neuen Modus gewählt werden kann.

Der grüne Bundessprecher, Alexander Van der Bellen, fordert die Regierung auf, den Entwurf zurückzuziehen. Die Koalition habe "offenkundig ein Problem mit Institutionen, die unabhängig sind". Ähnlich argumentiert SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal: "Um kritische Stimmen mundtot zu machen, wird versucht, demokratische Entscheidungsprozesse zu beschränken." (Michael Völker/DER STANDARD-Printausgabe, 13.11.2004)