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Überrascht, sagt Mobilkom-Chef Boris Nemsic, überrascht sei er von dem drastischen Einschnitt bei der Zahl der Mitarbeiter seines Konkurrenten One nicht gewesen. 225 Mitarbeiter werden, wie berichtet, demnächst bei One gekündigt, fast ein Fünftel der Belegschaft.

"Der Preiskampf war abzusehen"

Aber die Notwendigkeit für eine solche drastische Maßnahme im eigenen Haus (2315 Mitarbeiter bei rund doppelt so vielen Kunden) sieht Boris Nemsic nicht. "Der Preiskampf war abzusehen", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD, "wir haben uns anders vorbereitet. Unser Stil sind langfristige Schritte". One habe schon zuvor andere Maßnahmen gesetzt und den Betrieb des Funknetzes ausgelagert, wodurch die Mitarbeiterzahlen nicht unmittelbar vergleichbar sind. Ähnliches schließt Nemsic für die A1 aus. Das Netzwerk sei Kernkompetenz der A1, "ich bin Techniker, an Outsourcing glaube ich dabei nicht." Eine Hintertür lässt er sich offen: "Das muss man immer wieder bewerten und hängt vom Umfeld ab, zum Beispiel wenn die Industrie sehr günstig solche Leistungen anbietet."

Der kompetitivste Markt Europas

Österreich sei beim Mobilfunk inzwischen der kompetitivste Markt Europas. "Die Ursachen des jetzigen Preiskampfs sind ein ungesundes Setup. Die drei Etablierten müssen Telering durch höhere Interconnection-Fees (Gebühr für die Weiterleitung von Anrufen in Fremdnetze) subventionieren. Kein Netzbetreiber war vom Regulator so lange geschützt", übt Nemsic heftige Kritik an der Politik des Telekomregulators: Üblicherweise gelte diese Regelung zur Ankurbelung des Wettbewerbs drei Jahre, bei Telering seien es fünf Jahre gewesen. "Zusammen mit einer schlauen Übernahme des Netzes" – von Mannesmann – "ist das des Guten zu viel".

Offene Verfahren

An dieser Stelle verweisen Telering-Vertreter üblicherweise darauf, dass die Interconnection-Fees inzwischen durch bilaterale Verträge und nicht mehr durch Verordnung geregelt seien. "Das ist richtig, aber es gibt offene Verfahren, der Ball liegt beim Regulator. Der hat trotz guten Markterfolges das Geschenk an Telering durchgezogen", sagt Nemsic.

"Man kann sich auf alles gefasst machen"

Zurückdrehen lasse sich diese Entwicklung jedoch nicht. "Man kann nicht sagen, dass man das Ende des Preiskampfes erreicht hat. Man kann sich auf alles gefasst machen", meint Nemsic. "Faktum ist: Es gibt ein Überangebot am Mobilfunkmarkt, das auf eine naive Angebotspolitik zurückzuführen ist – aber die Mobilkom beschwert sich nicht, so ist das Leben."

"Voice"

Bei tendenziell weiter fallenden Preisen für "Voice" (Telefonie, derzeit rund 85 Prozent der Einnahmen von Mobilfunkern) bleibt die Frage, ob der Zuwachs mit Mail, Bildübertragungen und mobilem Internet rasch genug stattfindet, um den Rückgang auszugleichen. "Die Modelle, wie man dem begegnet, sind unterschiedlich", sagt Nemsic. Eine Teil der Hoffnung ist der im Branchenjargon "Substitution" genannte Ersatz der Festnetz- durch Handytelefonie. "Die Substitution ist in Österreich weiter fortgeschritten als in Deutschland, weil die Tarife teilweise bereits niedriger sind." Das Festnetz habe keine andere Wahl als "Richtung Breitband zu gehen, weil Mobilfunk ist nicht Breitband, auch UMTS nicht, das muss man zugeben. UMTS kann nicht Fiber to the Home sein", also die schnelle Datenanbindung an das Internet.

Hohes Potenzial

Wachstumsmöglichkeiten sieht Nemsic weiterhin auf Auslandsmärkten. "Bulgarien und Serbien haben je neun Millionen Menschen, das würde unsere Basis verdoppeln. Diese Märkte haben ein hohes Potenzial, weil die Verbreitung der Handys dort erst bei 20 bis 30 Prozent liegt."

UMTS

Nur langsam geht es hingegen bei UMTS voran, vor wenigen Jahren die große Hoffnungen aller Betreiber. Nemsic sieht sich seit jeher auf der vorsichtigen Seite: "Ich war zurückhaltend, wir haben 2000 gesagt, dass wir bis 2005 damit 20 bis 25 Prozent unseres Umsatzes machen wollen. UMTS wird auch heuer kein Massengeschäft, der Takeoff ist langsamer, als wir wünschen." Das Problem? Fehlende Handsets, "das können wir als Netzbetreiber nicht beeinflussen". (Helmut Spudich, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.05.2004)