Intel Vizepräsident Gerald Holzhammer nimmt das "personal" im Wort "Personal Computer" ernst, deshalb besitzt in seiner Familie jedes Familienmitglied mindestens zwei PCs.

Bild: Intel
Im Dezember des vergangenen Jahres wurde der Österreicher Gerald Holzhammer Vizepräsident des Chipherstellers Intel

Der gebürtige Tiroler leitet eines der Kerngeschäfte des Chip-Weltmarktführers, die "Desktop Plattform Group" (DPG) umfasst sowohl Prozessoren (Pentium) als auch Chipsätze und Motherboards. Der Umsatz der "Desktop Plattform Group" beträgt 1,2 Milliarden Dollar im Jahr.

Holzhammer, der in Innsbruck die HTL besuchte und an der TU-Wien Elektrotechnik studierte, lebt nun seit 22 Jahren in den USA. Nach seiner Tätigkeit bei Siemens und in einem Joint-Venture von Siemens und Intel wechselte er 1990 zu Intel, wo er im Dezember 2003 zum Vizepräsidenten ernannt wurde.

Im Webstandard E-Mail-Interview spricht Gerald Holzhammer über Moore's Law, das zukünftige Microsoft Betriebssystem Longhorn und die Hardware der Zukunft und zahlreiche weitere Themen.

Webstandard: Gordon Moore, Intel-Mitbegründer, hat im Jahr 1965 das nach ihm benannte „Moore’s Law“ formuliert. Demnach verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit von CPUs alle 18 Monate. Wie lang wird dieses „Gesetz“ noch Gültigkeit haben?

Gerald Holzhammer: Moore’s Law sieht die Dichte der Transistoren voraus und war die letzten 30 Jahre erstaunlich zutreffend. Wir glauben nicht, dass wir vor dem Jahr 2020 an bedeutende Grenzen in der derzeit eingesetzten Technik stoßen werden. In unseren Firmen wird alle zwei Jahre ein neues Arbeitsverfahren eingeführt und im Laufe des nächsten Jahres werden wir auch in der Massenfertigung auf Basis der 65-Nanometer-Technologie produzieren. Dank diesem Prozess werden etwa 10 Millionen Transistoren auf eine Fläche so groß wie die Spitze eines Kugelschreibers passen – ein erstaunliches Kunststück. Gordon pflegte immer zu sagen, dass, wenn auch Autos Moore’s Law folgen würden, wir alle Rolls Royce fahren und diese, statt für das Parken zu zahlen, wegwerfen würden. Moore’s Law ist also eine einzigartige Kraft, die die Halbleiterindustrie vorantreibt.

Webstandard: Gerüchten zu folge wird Microsofts neues Betriebssystem Longhorn enorme Hardwareanforderungen haben (Der Webstandard berichtete). Wird die Computer-Branche davon profitieren, wenn sich viele User einen neunen PC kaufen müssen?

Gerald Holzhammer: Jede neue Windows-Version hat das Potential, den PC-Absatz in die Höhe zu treiben. Es kommt immer darauf an, wie sich das Nutzerverhalten ändern wird und wie neue Funktionen angenommen werden. Bis Longhorn in die Läden kommt werden die Hardware Anforderungen von Windows Longhorn bei unseren Produkten längst Standard sein - Moore’s Law sei dank.

Webstandard: Die Geschwindigkeit aktueller PCs bewegt sich in vor einigen Jahren noch unvorstellbaren Höhen und wird den Ansprüchen der meisten User mehr als gerecht. Warum sollten User überhaupt einen neuen PC kaufen?

Gerald Holzhammer: Ein PC hat heute eine Lebensdauer von drei bis vier Jahren, bei Power-Usern sind es zwei Jahre, wenn man gerne Computer spielt noch weniger. Innerhalb weniger Jahre entwickelt sich die Leistungsfähigkeit eines Computers, besonders die Software, so schnell weiter, dass es sehr sinnvoll ist ein Upgrade durchzuführen. Ein aktueller PC ist viel einfacher zu bedienen und bietet viele neue Möglichkeiten – es ist ein ganz neues Erlebnis.

Ich habe zum Beispiel gerade einer 72 Jahre alten Bekannten geholfen, einen neuen PC zu installieren. Anfangs wollte sie nur E-Mails schreiben und im Internet surfen – dafür hätte auch ihr fünf Jahre alter PC gereicht. Als ich ihr gezeigt habe, welche multimedialen Fähigkeiten ein aktueller PC hat und wie einfach alles ist, war sie sehr beeindruckt und kaufte einen 3 Gigahertz schnellen Pentium 4 mitsamt einem guten Soundsystem, DVD-Rekorder und einem Flachbildschirm. Dabei hat sie weniger bezahlt, als sie vor fünf Jahren für ihren alten PC bezahlen musste.

Webstandard: Lange Zeit hat Intel nahezu ausschließlich auf die Angabe der Mega- bzw. Gigahertz in Sachen Leistung gesetzt. Nun soll allerdings ein neues Namensschema für Pentium-Prozessoren eingeführt werden. Was sind die Gründe dafür?

Gerald Holzhammer: Wir wollten es den Kunden einfacher machen unterschiedliche Funktionen unterschiedlicher Prozessor-Familien zu unterscheiden. Seit einigen Jahren gehen wir bei Intel den Weg, neben der reinen Geschwindigkeit auch zusätzliche Funktionen, die die User brauchen, in die Prozessoren zu integrieren. Beispiel dafür sind etwa die Hyperthreading Technologie, vergrößerter Cache oder schnellerer CPU Bus. Wir meinten, dass es dank all dieser Features in unseren Prozessoren nun an der Zeit sei, dieses Programm zu starten.

Webstandard: Sehen Sie sich in diesem Fall im Nachteil gegenüber dem Konkurrenten AMD, der schon seit längerer Zeit die Leistung nicht mehr nur in Gigahertz bewertet?

Gerald Holzhammer: Überhaupt nicht. Bei uns gibt es Prozessor Nummern, um es den Konsumenten leichter zu machen die Unterschieden zwischen den verschiedenen Produkten zu erkennen. AMD hingegen scheint hypothetische Geschwindigkeiten mit ihren Modellnummern angeben zu wollen.

Webstandard: Intel arbeitet an der Kurzstreckenfunktechnik Ultra Wideband (UWB), die ähnlich wie Bluetooth Entfernung von bis zu zehn Meter überbrücken soll, allerdings 500 MBit in der Sekunde übertragen kann. Wann wird diese Technologie voraussichtlich in Europa zu haben sein?

Gerald Holzhammer: Wir erwarten, dass diese Technologie im Zeitraum 2005 – 2006 standardmäßig zum Einsatz kommen wird.

Webstandard: Der Fokus Ihrer Arbeit liegt unter anderem auf dem Zusammenwachsen von PC und Unterhaltungselektronik. Was dürfen sich User in den kommenden Jahren erwarten, wird das vollkommen elektronische Wohnzimmer und der Kühlschrank, der selbständig Milch bestellt, Realität?

Gerald Holzhammer: Dieser Internetkühlschrank ist heute bereits technisch machbar, … ich bin mir aber nicht sicher wie sinnvoll er ist und ob irgendjemand auch dafür bezahlen würde.

Wir konzentrieren uns darauf die PC Welt mit der Welt der Consumer Electronics zu verschmelzen. Das ist möglich, da nicht nur multimediale Inhalte wie Bilder, Music und Videos in digitaler Form existieren, sondern auch viele elektronische Geräte auf digitale Technik setzen. Die Zukunft wird für die User viele Erleichterungen bringen, da es möglich sein wird, Inhalte am PC zu erstellen und diese anschließend im Wohnzimmer anzusehen.

Intel Vizepräsident Gerald Holzhammer

Webstandard: Immer wieder wird Kritik an Intels Centrino-Konzept laut. So könnten etwa Hersteller von WLAN-Chipsätzen Marktdominanz von Intel vom Markt gedrängt werden. Andererseits reagierte Intel sehr heftig auf konkurrierende Standards wie etwa WAPI (WLAN Authentication and Privacy Infrastructure) und drohte zum Beispiel China keine Centrino-Produkte mehr zu liefern, sollte das Land diesen Standard unterstützen. Wie sehen Sie das Problem?

Gerald Holzhammer: Drahtlose Netzwerke waren bisher immer sehr schwierig und kompliziert zu bedienen. Die Centrino Mobile Technologie erlaubt bessere und beständigere Handhabung, da wir sicherstellen, dass unsere Produkte auf der ganzen Welt kompatibel mit Access Points, Hot Spots, Anbietern von drahtlosen Diensten und Softwareapplikationen sind. Schließlich hat aber der Konsument die Möglichkeit zu entscheiden, was die beste drahtlose Lösung für die eigenen Bedürfnisse ist.

Sowie WAPI ursprünglich vorgesehen war, hat es sich um einen chinesischen drahtlosen Verschlüsselungs-Standard gehandelt, der nicht kompatibel mit dem weltweiten Standard war. Glücklicherweise hat sich die chinesische Regierung dazu entschieden WAPI an den internationalen Standards auszurichten. Das ist natürlich gut für alle an der Entwicklung beteiligten.

Webstandard: Pervasive Computing - die Durchdringung der Alltagwelt mit vernetzten, "smarten" Gegenständen wird zunehmend zum Schlagwort. Werden wir in Zukunft gar nicht mehr merken, wenn Computer am Werk sind? Welche Szenarien eröffnen sich dadurch?

Gerald Holzhammer: Das ist eine verlockende Version – eine Vielzahl von Computern in allen Formen. Manche sichtbar, manche nicht, manche groß, manche klein, alle arbeiten überall und ständig und interagieren auf „natürliche“ Art und Weise mit den Usern.

Teile dieser Vision existieren dank Internet und Moore's Law bereits, so etwa die allgegenwärtige Vernetzung oder sehr große Leistungen in der Datenverarbeitungen zu sinkenden Preisen. Herausforderungen, die ich dabei sehe, sind die Beibehaltung der Privatsphäre und die Vermeidung von Missbrauch wie etwa Spam und Viren. Ich denke, dass sind Herausforderungen, die wir meistern werden.

Webstandard: Sollten in Zukunft tatsächlich in nahezu jedem Gegenstand versteckt Chips am Werk sein, würde das eine blühende Zukunft für die Chipfabrikanten bedeuten. Sehen Sie mit Optimismus in die Zukunft?

Gerald Holzhammer: Ja, ich denke es handelt sich dabei um eine große Möglichkeit für die Industrie. Ohne theatralisch wirken zu wollen, ich glaube wir betreten das goldene Zeitalter des Siliziums.

Webstandard: In Sachen 64-Bit-Technik scheint Intel etwas hinter dem Konkurrenten AMD hinterherzuhinken. Was darf von Intel erwartet werden, ist diese Technologie für den durchschnittlichen User überhaupt sinnvoll?

Gerald Holzhammer: Mit dem Itanium liefern wir bereits seit einigen Jahren einen Server-Prozessor mit 64-Bit-Technik. Wir werden die 64 bit Technologie in diesem Quartal bei unserer Xeon Prozessor Familie für Desktops und Server inkludieren.

Für Endkunden gibt es noch zu wenig 64-Bit-Software. Es gibt weder ein weit verbreitetes Betriebssystem noch Treiber und Softwareprogramm. Wir glauben, dass es keine gute Idee ist, Hardware auszuliefern, für die es noch keine Software gibt. Wenn diese Probleme gelöst sind wird die 64 bit Technologie schnell ein alltägliches Feature sein.

Webstandard: Seit Dezember des vergangenen Jahres sind Sie Vize-Präsident von Intel. Was war der Höhepunkt in Ihrer erfolgreichen Karriere?

Gerald Holzhammer: Ohne in allzu technischen Jargon zu verfallen bin ich besonders stolz darauf, dass wir den PC immer wieder „neu“ erfunden haben. Wir haben es geschafft den PC für zahlreiche unterschiedliche Verwendungszwecke zu adaptieren und in der Anwendung einfacher zu gestalten. Die PC Architektur ist eine wunderbar anpassungsfähige Plattform, die auch in Zukunft wachsen und florieren und ihren Weg in viele neue Applikationen finden wird.

Webstandard: Besitzen Sie privat einen Computer, welchen Rechner verwendet man als Intel-Vize-Chef?

Gerald Holzhammer: Zum Arbeiten verwende ich ein Centrino Notebook, mittels Virtual Private Network (VPN) bin ich überall auf der Welt mit meinem Büro verbunden.

Zuhause haben wir mehrere Computer. Ein Gerät, mit dem wir unsere digitalen Bilder und Filme und unsere finanziellen und ähnliche Aufzeichnungen sicher aufbewahren. Dann besitzen wir noch zwei Desktop-Geräte für meine Frau und meine Tochter. Zusätzlich haben wir noch zwei Notebooks, mit denen wir drahtlos im ganzen Haus im Internet surfen oder E-Mails verschicken.

Ich überlege mir einen neuen Entertainment PC zu besorgen, um mein AV System upzudaten. Alle PCs sind über 10/100 Ethernet am Internet angeschlossen, für die mobilen Geräte habe ich zwei 802.11 Access Points für drahtloses Internet im ganzen Haus. Wir nehmen das „personal“ im Wort „Personal Computer“ ernst und haben mindestens zwei PCs pro Familienmitglied :-) .

(Klaus Kraigher)