Juan Barrals frisches Öl war 1,5 Stunden zuvor noch am Baum.

Foto: K. Seiser / www.esskultur.at

In Form eben reifer Oliven.

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"Ich habe frisch geerntete Oliven in einen Schuhkarton gefüllt. Eine halbe Stunde später habe ich die Hand hineingesteckt. Es war warm." So beschreibt Juan Barral das Schlüsselerlebnis, nach dem er den gesamten Produktionsablauf in der Ölmühle der Hacienda Queiles umgestellt hat. Wärme, Licht und Luft sind die Feinde des Öls. Weil Oliven so schnell zu gären und damit auch den Geschmack zu verändern beginnen, nützen die besten Früchte nichts, wenn sie nicht extrem schnell verarbeitet werden. Juan Barral ist 27, studierter Informatiker mit ausgeprägter Bürophobie, Mühlenmeister bei Queiles und der Sohn des Besitzers Alfredo Barral.

Der hat vor 22 Jahren die ehemaligen Sonnenblumenfelder im Queiles-Tal im Süden Navarras gekauft, um hier einen Olivenhain anzulegen. Im nationalen Vergleich - Spanien ist Weltmarktführer und produziert über eine Million Tonnen Öl pro Jahr - sind die 16.000 Olivenbäume ein Schrebergarten. Die Bäume der Sorte Arbequina passen gut zum rauen Klima: bis zu minus sieben Grad im Winter, über 40 Grad im Sommer und wenig Niederschlag.

Eines der besten der Welt

Sie wurden mit fünf Metern Abstand zum nächsten Baum und sieben Metern zur nächsten Reihe gepflanzt. Das ist fünfmal so viel wie im Intensivanbau. Barral sen. wollte nicht irgendein Olivenöl machen, sondern eines der besten der Welt. Dafür müsse man die Bäume gut behandeln, ihnen genügend Platz geben und sie bei der Ernte nicht mit Stöcken schlagen. Der 1200 Jahre alte, prächtige Olivenbaum vor dem Eingang zur Hacienda (siehe Foto links) steht für diese Philosophie.

Bioanbau war für Barral selbstverständlich, obwohl er dafür genauso belächelt wurde wie für seine moderne, einem Kloster nachempfundene Ölmühle aus Sichtbeton mitten im Olivenhain. Die Lage hat einen Grund: kurze Wege von allen Bäumen zur Presse. Die Bäume werden in der Mitte trichterförmig ausgeschnitten, damit der Regen Schädlinge gut auswaschen kann und gleichzeitig keine Staunässe entsteht. Der Hain muss bewässert werden, wenn die Bodenfeuchtigkeit unter 17 Prozent sinkt. Geerntet wird sehr früh im Oktober und November und sehr grün, weil die Barrals genau diese Aromen der kleinen, runden Arbequina-Olive schätzen: grasig, grün, dabei mild, fruchtig, nach grünen Paradeisern, grünen Bananen und auch nach Artischocken und Äpfeln duftend, mit sehr geringer Säure, aber einem schönen Pfefferl im Abgang, fast wie Grüner Veltliner.

Zur Ernte kommt der Baumrüttler

Geerntet wird seit dem Schuhkartonversuch maschinell, mit einem Rüttler. "Das haben wir uns von den Mandelplantagen abgeschaut", sagt Barral jun. Die Ernte dauert pro Baum eine Minute. Die Oliven landen in kleinen Kisten mit rund 250 Kilo Inhalt - normal sind Boxen zu 20.000 Kilo. Juan Barral: "Ich bin kein Olivenölproduzent, ich bin Olivenbaummanager." Die Qualität entstehe im Olivenhain, danach müsse nur mehr sauber und schnell gearbeitet werden. Schneller als bei Queiles geht's nicht: Die Blätter und Zweige werden weggeblasen, die Oliven mit Wasser aus der eigenen Quelle gewaschen.

In zwei Mühlen hintereinander wird gepresst, beide sind geschlossen und arbeiten - für Barrals Verhältnisse - langsam, damit keine Wärme entsteht. Danach wird separiert und zentrifugiert. Das Öl fließt in große Stahltanks, das nährstoffreiche Wasser wird zu einer Parzelle aus 22 Olivenbäumen geleitet - ein weiterer Versuch. Den Presskuchen kauft die Industrie. Es steckt noch viel Öl drin, das dort mittels Chemie und Hitze extrahiert wird.

Drei Wochen für Ernte und Produktion

Der gesamte Vorgang vom Baum bis in den Tank dauert 1:45 Stunden. Zu lang, meint Juan Barral, es muss in eineinhalb Stunden zu schaffen sein. Zum Vergleich: Üblicherweise sollten Oliven für hochwertiges Öl nicht länger als 24 Stunden nach der Ernte liegen, in Massenproduktion kann es viel länger sein. Olio Secondo Veronelli, eine italienische Vereinigung, die für ihr strenges Regelwerk bekannt ist (siehe Ansichtssache: Einige beste Öle), gibt maximal vier Stunden vor. Drei Wochen dauert die gesamte Ernte und Produktion bei Queiles, sie ist beendet, bevor die anderen anfangen. Das frische Öl darf sich zwei Monate lang setzen, bevor es ungefiltert und nur auf Bestellung gefüllt wird.

Abbae de Queiles heißt das reinsortige Arbequina-Öl, was so viel bedeutet wie "für den Abt". Den gibt es hier zwar nicht, aber der Name darf als Reverenz an den Ort verstanden werden und "weil wir damit in den alphabetischen Listen ganz oben stehen", sagt Juan Barral grinsend. Zwei weitere Öle produziert Queiles: Alhema aus 95 Prozent Arbequina und 5 Prozent Arróniz, eine autochthone Sorte. Und das Öl des Frauenklosters Tulebras.

Die Zisterzienserinnen, Nachbarinnen von Queiles, besitzen einen alten Olivenhain, ebenfalls von der Sorte Arbequina. Von diesem Öl werden nur 1500 Liter pro Jahr produziert. Die Liste der Medaillengewinne von Abbae de Queiles auf internationalen Verkostungen ist lang, aber Juan Barral erwähnt im Gespräch keine davon. Bloß dass Hacienda Queiles der einzige Produzent Spaniens ist, der seit zehn Jahren ausschließlich natives Olivenöl extra produziert. (Katharina Seiser/Der Standard/rondo/07/10/2011)