Frankfurt am Main – Die deutsche katholische Kirche wehrt sich gegen Schuldzuweisungen bei der Pleite ihres Verlags- und Buchhandelskonzerns Weltbild. Das Unternehmen hatte am Freitag einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht am Firmensitz in Augsburg gestellt, nachdem die deutschen Bistümer und die Hausbanken dem Unternehmen mit 6.300 Beschäftigten den Geldhahn zudrehten.

"Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren", sagte der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Der Weltbild-Verlag hatte zuletzt mit hohen Verlusten zu kämpfen.

Überrascht vom Kapitalbedarf

"Wir sind überrascht worden von dem Kapitalbedarf", sagte Marx. Die Kirche stehe "in Verantwortung für die Mitarbeiter, aber wir haben auch Verantwortung für die Kirchensteuerzahler". Die Eigentümer hatten zuletzt mangels Käufern versucht, Weltbild in eine Stiftung zu überführen. Nachdem das Geschäft aber im zweiten Halbjahr 2013 unerwartet schlecht gelaufen war, scheiterte dieser Vorstoß. Nach Unternehmensangaben wollten Eigner und Kreditgeber überraschend kein Geld mehr zuschießen. Einer der Auslöser sei ein Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr gewesen.

Kardinal Marx räumte aber auch Fehler bei der Unternehmensführung ein. "Uns war klar, dass Bischöfe keine Unternehmer sein können", sagte er. Daher hätte es eine neue Gesellschafterstruktur und "professionelle Medienexperten von außen" als Geschäftsführer geben sollen.

Insolvenz-Verwalter

Drei Tage nach der Insolvenz-Anmeldung des deutschen katholischen Weltbild-Verlages hat sich der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Montag den Beschäftigten vorgestellt. Es gebe zur Lage des Unternehmens nichts zu beschönigen, aber auch die Guthabenseite sei nicht leer, sagte Geiwitz bei einer Mitarbeiterversammlung im Augsburger Verlagsgebäude, wie die Nachrichtenagentur dpa erfuhr.

Denn Weltbild sei eine gute Marke und habe treue Kunden. Er könne den Beschäftigten die Unsicherheit nicht nehmen, aber als Insolvenzverwalter werde er mit seinen Kollegen alles tun, damit das Unternehmen weitermachen könne, sagte Geiwitz den Angaben aus Teilnehmerkreisen zufolge. Eine Firmenauflösung sei ein Albtraum.

Geschäftsführung bleibt im Amt

Geiwitz sprach für rund 20 Minuten. Er wirke als sogenannter schwacher Insolvenzverwalter, erklärte er. Dies bedeute, dass die bisherige Geschäftsführung operativ im Amt bleibe. Geiwitz sei bereits mit zehn Mitarbeitern in Augsburg tätig, weitere zehn kämen noch nach. Seine Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner hatte auch die Schlecker-Pleite verwaltet.

Der Weltbild-Verlag hatte am vergangenen Freitag Insolvenz beantragt, weil die kirchlichen Eigentümer keine Finanzierungsmöglichkeit für eine Sanierung mehr sahen. Die Verlagsgruppe mit rund 6.300 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von zuletzt fast 1,6 Mrd. Euro gehört zwölf Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der katholischen Soldatenseelsorge in Berlin. Allein die sieben bayerischen Bistümer verfügen über 51,1 Prozent der Gesellschafteranteile und gelten deshalb als Schwergewicht im Eigentümerkreis.

Vorwurf der Gewerkschaft

Die Gewerkschaft ver.di wirft den Kirchen Verantwortungslosigkeit gegenüber den Mitarbeitern, "Kapitalismus in Reinkultur" und Verstoß gegen die katholische Soziallehre vor.

Der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, betonte hingegen, die Kirche sei vom gestiegenen Kapitalbedarf überrascht worden. "Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Vor drei Jahren hatte sich Marx noch für den Verlag stark gemacht. "Die Zukunft der Mitarbeiter ist eine hochmoralische Frage", hatte er damals gesagt. "Wir können uns als Bischöfe nicht einfach aus dieser Verantwortung stehlen." (APA, 13.1.2014)