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Glaubt man der Umfrage, ist ein Job in einem Einkaufszentrum mäßig attraktiv.

Foto: AP/Dittrich

Wien – Österreichs Einkaufscenter haben sich für den Kundenstrom am ersten Adventwochenende herausgeputzt. Ambiente und Shoppingerlebnis gehen hart ins Geld – kein Betreiber wagt, hier zu knausern. Hinter der glitzernden Kulisse aber bröckelt die Fassade. Von unwürdigen Arbeitsbedingungen ist die Rede, von belastend langen Öffnungszeiten und Desinteresse an den Anliegen der Mitarbeiter.

Betroffen sind vor allem Frauen. Viele fühlen sich als Spielball, den sich Händler und Centerbetreiber gegenseitig zuspielen, ohne für deren Probleme ernsthaft Verantwortung übernehmen zu wollen. Das geht aus Studien der Gewerkschaft hervor, die dafür heuer gut 1860 Angestellte in 70 österreichischen Einkaufszentren befragte.

Belastende Arbeitszeiten

Jeder zweite Beschäftigte empfindet die Öffnungszeiten, die viele Center länger ausreizen als der klassische Handel, als sehr belastend bzw. gerade noch vertretbar. 15 Prozent der Befragten verfügen über keine Rückzugs- und Aufenthaltsräume, sieben Prozent nannten deren Zustände katastrophal.

Beinahe jeder Zweite klagt über unzureichende Belüftung. Fast 40 Prozent sehen sich dazu gezwungen, mit dem eigenen Auto zur Arbeit zu fahren. Wobei ein Fünftel unter ihnen für den Parkplatz darüber hinaus noch zahlen muss.

Es gehe hier um keine diamantenen Armbänder, die sich Handelsangestellte wünschten, sondern um Kleinigkeiten, die finanziell für Arbeitgeber drinnen sein müssten, sagt der GPA-djp-Vorsitzende Wolfgang Katzian. Shuttlebusse für weit abgelegene Center etwa, beleuchtete Parkplätze, oder auch nur Pausenräume und einfache Kaffeemaschinen. Es sei beschämend, ergänzt Gewerkschafter Franz Georg Brantner, an welchen Basics gespart werde.

René Tritscher will, wie er sagt, keine schwarzen Schafe schützen. Die Vorwürfe sind dem Geschäftsführer der Sparte Handel der Wirtschaftskammer aber zu pauschal. Die Gewerkschaft solle Missstände konkret benennen. Im Übrigen gelten für den Handel die gleichen Regeln und Rahmenbedingungen innerhalb wie außerhalb von Einkaufscentern. "Es überrascht, dass die Öffnungszeiten in Zentren als belastender empfunden werden."

Dass es bei 150 großen Centern "immer irgendwo Verbesserungsbedarf gibt" , hält der Präsident des Verbands der Einkaufscenter, Stephan Mayer-Heinisch, für logisch, "und kein Betreiber wird sich guten Vorschlägen verwehren."  Ansonsten hält er die Diskussion für einen Sturm im Wasserglas: Zum einen seien da Arbeitsinspektorate, die Center absegneten. Zum anderen spiele sich alles, wie auch die Arbeitszeit, im gesetzlich Rahmen ab. Gerade im Advent seien lange Abendöffnungen eben wichtig.

Am unzufriedensten über ihre Arbeitszeiten sind Mitarbeiter der Wiener Lugner City und der Plus City in Pasching, erhob die Umfrage. In Letzterer kommt damit nur ein Drittel gut zurecht. Ihr Chef Ernst Kirchmayr führt das auf die lange Abendöffnung am Donnerstag zurück. Bei berufstätigen Konsumenten habe sich diese, wie er betont, jedoch sehr bewährt.

Die Lugner City schneidet auch bei sanitären Einrichtungen miserabel ab. Ihr Zustand sei furchtbar, geradezu "katastrophal" , urteilten Angestellte. Im Innsbrucker Center Dez wiederum gaben 40 Prozent an, keine Aufenthaltsräume zu haben. Im Citypark Graz müsse jeder Fünfte ohne auskommen.

In Österreichs knapp 220 Shoppingcentern arbeiten 75.000 Menschen. Ihre Verkaufsflächen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, ihr Umsatz beläuft sich auf nahezu zwölf Milliarden Euro.

Betriebsräte sind für Einkaufszentren gesetzlich nicht möglich, bestätigt Mayer-Heinisch. "Diese bleiben vergebliche juristische Weihnachtswünsche der Gewerkschaft."  Das Arbeitsgesetz sieht auch keine Centersprecher vor.

Krieg mit Lugner

Bei Richard Lugner haben die Arbeitnehmervertreter überhaupt Hausverbot. Polizeilich angemeldeten Zutritt will sich der Gewerkschafter Karl Proyer dieser Tage dennoch verschaffen. "Denn mit Spaß ist es jetzt vorbei."  Legt sich Lugner weiter quer, wird er bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Juristen sehen hierbei zwei Verfassungsrechte aufeinanderprallen. Es werde wohl ein Höchstgericht den Krieg beenden müssen.

Für Centerbetreiber wie Peter Schaider, Chef des Auhofs, macht die Gewerkschaft Druck an der falschen Front. Die tatsächlichen Baustellen rund um Arbeitsbedingungen tun sich aus seiner Sicht nicht im stationären Handel auf, sondern vielmehr bei Online-Riesen. Hier gehörten die Gehälter und Arbeitszeiten hinterfragt. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 30.11.2013)