"The Montana Dueling Dinosaurs": Ein Nanotyrannus lancensis und ein möglicherweise noch unbekannter Chasmosaurus im Clinch. Die Versteigerung des außergewöhnliches Fundes erregt die Gemüter.

Foto: Bonhams

New York - Im Jahr 2006 freuten sich Forscher über einen sensationellen Fund: Gleich zwei rund 68 Millionen Jahre alte Dinosaurier, ineinander verhakt - als habe ein tödlicher Kampf sie beide das Leben gekostet - wurden auf einem Privatgrundstück in der fossilienreichen Hell Creek Formation im US-Bundesstaat Montana ausgegraben. Nun werden die äußerst gut erhaltenen Skelette in New York versteigert - zum Entsetzen der Wissenschafter. Diese fordern, dass der seltene Fund einem Museum oder einer Forschungseinrichtung übergeben wird.

Am Dienstag will das Auktionshaus Bonhams ungeachtet der Proteste die "Duellierenden Dinosaurier" versteigern. Es handelt sich um einen fleischfressenden Nanotyrannus lancensis und um einen noch nicht näher bestimmten Chasmosaurus, ein Pflanzenfresser aus der Gruppe der Ceratopsidae. Dessen Knochen könnten dem Auktionshaus zufolge zu einer bisher unentdeckten Art gehören. Bei der Art Nanotyrannus lancensis hingegen könnte es sich - so glauben inzwischen zahlreiche Paläontologen - nur um Jungtiere von Tyrannosaurus rex handeln.

Sieben bis neun Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa fünf bis sieben Millionen Euro) verspricht sich Bonhams von dem Dino-Doppel. Das wäre ein Rekord - auch wenn Fossilien immer öfter versteigert werden. 2011 brachten zwei Dino-Skelette dem Auktionshaus Heritage in Texas 2,7 Millionen US-Dollar ein. In London kommen Ende November die Überreste eines 150 Millionen Jahre alten Diplodocus unter den Hammer - erwartet wird ein Erlös von bis zu einer Million US-Dollar. Das teuerste Fossil, das je versteigert wurde, war ein T-Rex im Jahr 1997: Er erzielte 7,6 Millionen US-Dollar.

Außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien

Die "Duellierenden Saurier" könnten das noch toppen. Thomas Lindgren von der Naturgeschichtlichen Abteilung von Bonhams nennt die Versteigerung das "Highlight seiner Karriere". Die Knochen der Urzeittiere, die nach Angaben des Auktionshauses stehend mehr als zwei Meter hoch und rund zehn Meter lang gewesen wären, seien in außergewöhnlich gutem Zustand.

Für Dinosaurier-Forscher hingegen ist die Auktion ein Skandal. Sie befürchten, die kostbaren Fossilien könnten in private Hände fallen - und so möglicherweise niemals für wissenschaftliche Untersuchungen zugänglich sein. Die Dino-Überreste waren zuvor zwar auch Museen zum Kauf angeboten worden. Doch der hohe Preis machte es den Kulturstätten unmöglich, zuzuschlagen.

"Albtraum" für Forscher

Wirbeltierpaläontologe Thomas Carr vom Carthage College in Wisconsin nennt die Auktion einen "Albtraum". Solange die Fossilien nicht in ein Museum oder Forschungsinstitut kämen, würde kein Wissenschafter Daten erheben. "Wenn jemand die Fossilien vor meinem Büro ablegen würde, würde ich ihm sagen, er solle sie wieder mitnehmen", sagt Carr. "Bis sie nicht an einem geeigneten Ort sind, würde ich sie nicht anrühren. So einfach ist das."

Bei einem Privatbesitzer sei nicht sichergestellt, dass die Fossilien immer wieder untersucht werden könnten, erklärt Carr. Doch genau das sei nötig, um die Richtigkeit der Daten zu prüfen. Seiner Ansicht nach ist nicht erwiesen, ob die Dinosaurier tatsächlich im Kampf gestorben sind - und auch nicht, ob der Chasmosaurus einer bisher unbekannten Art angehört. Damit seien zwei Verkaufsargumente des Auktionshauses nicht belegt.

Gemeingut statt Privatbesitz

Der Forscher fordert, die kostbaren Stücke als Gemeingut zu behandeln - ganz gleich, wo sie gefunden wurden. Schließlich diene dies dem wissenschaftlichen Fortschritt. "Jedes neue Exemplar ist der Test einer vorangegangenen Hypothese", sagt Carr. Dass hier wissenschaftliche Erkenntnisse dem freien Markt geopfert würden, sei für die Wissenschaft schmerzhaft.

Bonhams-Mitarbeiter Lindgren sieht das anders: Freies Unternehmertum sei vorzuziehen - auch weil die Grundstücksbesitzer Geld investiert hätten, um die Fossilien auszugraben. "Ich würde sie wirklich gerne in einem Museum sehen", sagt er. "Aber gleichzeitig möchte ich, dass die Rancher bekommen, was ihnen zusteht." Lindgren zufolge hat allein die Ausgrabung Hunderttausende Dollar gekostet. Für Carr ist das ein fadenscheiniges Argument, er geht von Kosten um die 20.000 Dollar aus. (APA/red, derStandard.at, 17.11.2013)