Frankfurt am Main - Mit dem bloßen Auge ist der bislang einmaligen Fund kaum zu erkennen: Paläontologen haben bei Ausgrabungen im nordhessischen Korbach an einem fossilen Echsengebiss einen winzigen 250 Millionen Jahre alten Tierzahn entdeckt, von dem sich die Wissenschafter neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Säugetieren versprechen.

Das Gebiss stammt von einem Procynosuchus, dessen Lebendrekonstruktion gerne mit dem Aussehen eines Hundes verglichen wird - daher auch die verbreitete Bezeichnung "Korbacher Dackel" - vermutlich aber eher eine Mischung aus Krokodil und Otter darstellte. Der Fund des Kieferknochens mit Zahnreihe sei weltweit bisher einzigartig, sagte Geowissenschafter Eberhard Frey am Montag bei der Präsentation des Fundes im Korbacher Wolfgang-Bonhage-Museum.

Die Zähne des Procynosuchus sind etwa so groß wie Stecknadelköpfe. Erst unter dem Mikroskop wird der, wie Frey findet, "spektakuläre" Fund sichtbar: Am Kieferknochen eines Procynosuchus spaltet ein Folgezahn die Wurzel eines älteren Zahns. Überreste des echsenhaften Vorsäugers seien zwar viele in der Korbacher Spalte gefunden worden, bisher aber ohne Durchbruch eines Folgezahns.

Neue Erkenntnisse und neu Frage

"Die Evolution hat an dieser Stelle vor mehr als 250 Millionen Jahren einen Schalter zur Weiterentwicklung des Lebens umgelegt", sagte der ehemalige hessische Landesarchäologe Egon Schallmayer. Das Beispiel des Zahnwechsels beim Procynosuchus bringe einen Erkenntnisgewinn über die Entwicklung der Säugetiere und werfe gleichzeitig neue Forschungsfragen auf.

Die Korbacher Spalte ist eine reichhaltige Fundstätte für Fossilien und wurde 1964 in einem alten Steinbruch entdeckt. Derzeit sind die Wissenschafter mit der Aufarbeitung von rund 3.000 Fundstücken aus der Kalkspalte befasst. Neben fossilen Überresten anderer Arten seien darunter 15 bis 20 Kieferknochen des Procynosuchus, erklärte Geowissenschafter Frey. Das Präparieren sei eine Sisyphusarbeit: Die Knochenreste splitterten leicht, zudem sei das einschließende Gestein oft härter als das fossile Material. (APA/red, derStandard.at, 12.11.2013)