Die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie fordert in der EU pro Jahr rund 500.000 Todesopfer. "Die richtige Diagnose ist von essenzieller Bedeutung. Behandelt werden sollte bereits bei einem Verdacht", sagte Lungenfacharzt Otto Burghuber am derzeit stattfindenden Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. 

Blutgerinnsel in den Beinvenen

Bei venösen Thrombosen kommt es zur Bildung eines Blutgerinnsels, zumeist im Bereich vor einer Venenklappe. Bei einer Thrombophlebitis (Venenentzündung) ist bloß eine oberflächliche Vene betroffen. Die Komplikation dieser Erscheinungsform ist die tiefe Venenthrombose, die sehr häufig an den Beinen auftritt. Sozusagen die Komplikation der tiefen Beinvenenthrombose ist dann die Lungenembolie (Pulmonalembolie).

Letztere entsteht, wenn ein Thrombus oder Teile davon aus einer Beinvene mit dem Blutstrom über die rechte Herzkammer in die Lungenarterie gelangt und dort das Lungengefäß verschließt. Das dahinter liegende Lungenareal fällt aus, zudem kann durch den Gefäßverschluss der Widerstand in der Lunge steigen, was schließlich zum Rechtsherzversagen führen kann.

Schwierige Diagnose

"Das Problem liegt darin, dass diese relativ häufige, potenziell lebensbedrohliche Erkrankung schwierig zu diagnostizieren ist und ohne Therapie eine Mortalität von 30 Prozent aufweist", sagt Burghuber. Der Grund dafür: Die Symptome sind häufig unspezifisch - Schmerzen und eine Schwellung am betroffenen Bein, akut einsetzende Atemnot, Thoraxschmerz, schnelle Atmung und selten Husten oder gar Blutspucken. Atemnot wird anfänglich oft ignoriert, ein angeschwollenes Bein gilt eventuell auch nicht sofort als Alarmsignal.

Für die Diagnose steht die CT-PA (per Computertomografie durchgeführte Angiografieuntersuchung der Pulmonalisarterie) heute in fast jedem Krankenhaus zur Verfügung. Doch bevor diese Untersuchung durchgeführt wird, sollte die sogenannte Vortestwahrscheinlichkeit durch eine Befragung (Anamnese) und eine klinische Untersuchung des Patienten bestimmt werden. Dazu gibt es neben der klinischen Beurteilung auch validierte, standardisierte Bewertungsskalen, die die Wahrscheinlichkeit einer bestehenden Lungenembolie angeben.

Risikofaktor Alter

Von großer Bedeutung ist auch das Alter der betroffenen Person: Ab dem Alter von 40 Jahren steigt das Thromboembolie-Risiko an, 60-Jährige gehören schon allein wegen ihres Alters in eine höhere Risikogruppe. Bei Frauen unter 45 Jahren erkranken pro Jahr ein bis zwei pro 10.000, in der Allgemeinbevölkerung sind es ein bis zwei pro 1.000 Personen und Jahr. Doch bei Personen über 70 Jahren erkrankt pro Jahr schon eine von hundert. Ebenfalls Personen mit einem hohen Risiko sind Patienten nach Operationen (vor allem nach Hüftgelenk- bzw. Kniegelenkersatz), langer Bettlägerigkeit, schon einem überstandenen derartigen thromboembolischen Ereignis und Krebspatienten.

Gut etabliert zum Ausschluss einer solchen akuten Erkrankung ist ein einfacher D-Dimer-Bluttest. "Wenn eine Pulmonalembolie unwahrscheinlich ist, also wenn die Vortestwahrscheinlich gering ist, sollte ein solcher Plasma-D-Dimer-Test erfolgen. Ist das Ergebnis negativ, ist eine Pulmonalembolie ausgeschlossen", sagt Burghuber. Ist hingegen die Wahrscheinlichkeit für eine Pulmonalembolie hoch ("hohe Vortestwahrscheinlichkeit"), sollte sofort die CT-Angiografie erfolgen.

Therapie im Wandel

Entscheidend ist auf jeden Fall die schnelle Therapie. "Schon bei Verdacht einer Pumonalembolie sollte behandelt werden. Erst dann sollte die weitere Diagnostik eingeleitet werden. Das gilt vor allem in Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Lungenembolie mit hohem Risiko und für Fälle, in denen keine sofortige Diagnostik durchgeführt werden kann", sagt Burghuber.

Die medikamentöse Therapie der Pulmonalembolie hat sich in jüngster Vergangenheit deutlich gewandelt: Bis vor kurzem bestand sie in subkutanen Injektionen von niedermolekularem Heparin. Danach erfolge eine orale Langzeittherapie mit Vitamin-K-Antagonisten (vor allem Marcoumar). "Seit dem vergangenen Jahr steht neben dieser etablierten Standardtherapie auch ein neues Antikoagulans (Rivaroxaban), ein oral zu verabreichender direkter Inhibitor des Blutgerinnungsfaktors 'Xa' zur Verfügung", sagt Burghuber.

Der Vorteil: Die Substanz wirkt bereits binnen zwei bis vier Stunden, hat nur eine relativ kurze Halbwertszeit von sieben bis elf Stunden - man kann sich in der Langzeittherapie die von Marcoumar als Gerinnungshemmer bekannten regelmäßigen Blutgerinnungstests ersparen. Freilich, auch dieses neue Medikament birgt ein Risiko für Blutungsereignisse - so wie alle anderen Antikoagolantien auch. (APA, derStandard.at, 24.10.2013)