Männliche Orang-Utans stoßen "long calls" in jene Richtung aus, in die sie zu reisen gedenken.

Foto: Carel van Schaik

Beispiele für die Tagesrouten verschiedener Orang-Utans. Die grünen Pfeile stehen für "long calls", die roten für Antwortrufe anderer Männchen.

Grafik: UZH

Zürich - Orang-Utans im indonesischen Sumpfwald legen pro Tag etwa einen Kilometer zurück. Sie sind Einzelgänger, pflegen aber soziale Kontakte und bauen sich jeden Abend ein Nest in den Bäumen. Forscher der Universität Zürich verfolgten die Wege der Menschenaffen im Gunung-Leuser-Nationalpark auf Sumatra mehrere Jahre lang. Die Anthropologen rund um Carel van Schaik kamen in einer im Fachblatt "PLoS One" veröffentlichten Studie zum Ergebnis, dass die Tiere ihre Routen bis zu einem Tag im Voraus planen und die Reiseabsichten ihren Kollegen durch Schreie kundtun.

Die Forscher entdeckten, "dass die Männchen für mehrere Stunden in ungefähr dieselbe Richtung gingen, in die sie gerufen hatten." Sogar der letzte Ruf eines Tages zeigte oft die Richtung an, die bis zum Folgeabend beibehalten wurde. Richtungsänderungen kündigen sie häufig mit neuen Rufen an.

Erwachsene Männchen stoßen die sogenannten "long calls" aus, um Weibchen anzulocken und Rivalen auf Distanz zu halten. Ihre Backenwülste wirken dabei als Trichter zur Schallverstärkung. Weibchen kommen näher, wenn sie den Ruf nur schwach hören. Rangniedrigere Männchen hingegen machen sich aus dem Staub, vernehmen sie den Ruf laut in ihre Richtung. Die Tiere reagierten auch am nächsten Morgen korrekt auf den Ruf des letzten Abends.

Die Studie mache "deutlich, dass wilde Orang-Utans nicht nur im Hier und Jetzt leben, sondern sich die Zukunft vorstellen können und ihre Pläne sogar kommunizieren", sagt van Schaik. "In diesem Sinn sind sie uns damit wieder ein Stück ähnlicher geworden." (pum/DER STANDARD, 12.9.2013)