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Zufriedene Gesichter in St. Petersburg: Ab 2015 sollen die nationalen Steuerbehörden Infos automatisch austauschen. Die G-20 will, dass sich alle Staaten an dem neuen System beteiligen.

Foto: AP/Pablo Martinez Monsivais

Wien / St. Petersburg - Während die G-20 bei den großen Brocken Syrien und Finanzmarktregulierung bei ihrem Treffen in St. Petersburg nicht auf einen Nenner gekommen ist, konnten die Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer beim Kampf gegen Steuerhinterziehung eine gemeinsame Linie finden. Die G-20 hat in ihrer Schlusserklärung den automatischen Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden zum neuen globalen Standard erhoben. Während die Erklärung nach einem ähnlichen Vorstoß der Finanzminister im Juli erwartet worden war, überraschte der Klub der Mächtigen mit seinem Zeitplan.

Bis zum kommenden Februar soll im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein Modellabkommen zum Infoaustausch erarbeitet werden, den alle Länder übernehmen können. Bis Mitte 2014 sollen alle technischen Details fixiert sein, ab Ende 2015 wollen die G-20-Staaten bereits Steuerdaten tauschen. Zudem lädt die G-20 alle anderen Länder ein, am neuen System teilzunehmen. Damit dürften Länder wie Österreich, die Schweiz oder Liechtenstein, die bisher bremsten, unter Druck geraten.

So ambitioniert der Plan auch klingt - Steuerexperten warnen vor zu hohen Erwartungen. Denn noch ist nicht klar, was der Datentausch genau umfassen wird und wie die Vereinbarung umgesetzt werden soll. Die Stoßrichtung lässt sich nur erahnen: Derzeit gilt international, dass Behörden sensible Informationen - etwa über Kontostände von Bürgern - ans Ausland nur weitergeben, wenn Ermittler bereits einen konkreten Verdacht gegen einen Steuerbetrüger haben.

Anlehnung an Fatca

Da dieses System Hinterziehung nicht effektiv verhindern kann (ohne Infos kein Verdacht), gibt es bereits einzelne Initiativen zum automatischen Austausch. Innerhalb der EU werden seit 2005 bestimmte Bankinformationen länderübergreifend gemeldet: Wenn ein Deutscher zum Beispiel in Frankreich ein Konto eröffnet, werden die Steuerbehörden in Deutschland über Zinszahlungen auf dieses Konto informiert. Das System soll verhindern, dass Unionsbürger im Ausland Geheimkonten unterhalten - mit Ausnahme Österreichs und Luxemburgs tauschen alle EU-Länder Daten. Allerdings ist das EU-Modell voller Löcher: Lebensversicherungen sind nicht von der Meldepflicht erfasst, Ausnahmen gibt es für Einkünfte aus Derivategeschäften und Anleihen.

Die USA sind zuletzt einen Schritt weiter gegangen und verlangen derzeit vom Ausland Einblick in nahezu sämtliche Finanzdaten ihrer Bürger. Dafür wurde ein eigenes Regelwerk mit dem Namen Fatca - Foreign Account Tax Compliance Act geschaffen.

Dem Vernehmen nach wird sich die OECD bei der Erarbeitung des neuen globalen Standards an Fatca orientieren. Wahrscheinlich herauskommen dürfte eine abgespeckte Version des US-Regelwerks, sagen Steuerexperten. Mit diesem Modell wäre das Bankgeheimnis für im Ausland steuerpflichtige Bürger, so wie es in Österreich existiert, nicht vereinbar.

Warnung vor löchrigem System

Allerdings warnen Experten, dass die OECD selbst nur ein löchriges System schaffen wird. Zu den großen Problemen zählt, dass Steuerhinterzieher über Scheinfirmen und die im angelsächsischen Raum beliebten Trusts ihre Identität verbergen können. Gründet etwa ein Österreicher einen Trust auf den Cayman Islands und legt über diese sein Geld in Liechtenstein an, bleibt seine wahre Identität verschleiert. Ohne klare Regeln, die Steueroasen in der Karibik und Großbritannien zur Führung von Trustregistern verpflichten, dürfte der automatische Infoaustausch ins Leere gehen, heißt es daher aus dem Finanzministerium in Wien. Bisher hat sich London gegen eine verstärkte Transparenz quergelegt.

Auch das Tax Justice Network (TJN) warnt: "Die Stoßrichtung der Einigung in St. Petersburg ist begrüßenswert. Zu befürchten ist aber, dass sich in den OECD-Regelungen viele Schlupflöcher finden werden", sagt der TJN-Experte Markus Mainzer. Insbesondere die Nachforschungspflichten der Banken müssten strikt gestaltet sein, damit das System effektiv ist.

Hinzu kommt, dass die internationale Umsetzung nicht einfach wird: Ohne einheitlichen Rechtsrahmen wie in der EU dürfte der G-20 nichts anderes übrigbleiben, als auf bilaterale Abkommen zu setzen - der Abschluss solcher Verträge könnte also dauern. (András Szigetvari, DER STANDARD, 7.9.2013)