Einmal kann passieren. Dass eine Partei auf dem glatten Eis der Verfassung strauchelt. Zweimal aber in derselben Causa sieht schwer nach politischem Hasard, Haudrauf, Vorsatz aus. Oder Wurschtigkeit. Aus Parteiprinzip draufbleiben! Schauen, ob's doch irgendwann durchgeht. Zu beobachten ist das am hochschulpolitischen Kamikazekurs der ÖVP in Sachen "Studienbeiträge".

Immerhin, nach 26 Tagen Nachdenkzeit drang am Dienstag aus dem Wissenschaftsministerium die Kunde, die Verfassungsjuristen schon vor vier Wochen im STANDARD als einzig verfassungskonforme Variante im jüngsten Studiengebührenschlamassel urgiert hatten: Alle und nicht nur jene acht Unis, die sich auf das Wagnis eingelassen hatten, im Rahmen ihrer "Autonomie" eigenmächtig Studiengebühren einzuheben - verfassungswidrig, wie die Höchstrichter erkannten -, sollen den Wie-gewonnen-so-zerronnen-Geldbetrag erhalten. Auf dass endlich Ruhe einkehre.

Aber nur so lange, bis die ÖVP ihr unipolitisches Lieblingsthema wieder aufs Tapet bringt. Und da scheint sie mit Anlauf in genau jenes Messer laufen zu wollen, das sie schon einmal zu Fall gebracht hat. Im schwarzen Wahlprogramm - Titel: "Zukunftsweisend: Österreich 2018" - steht nämlich auf Seite 53 zu lesen: "Die Universitäten selbst sollen entscheiden, ob sie Studienbeiträge einheben."

Im Ernst? Zur Erinnerung sei die Lektüre der Entscheidung der Verfassungsrichter vom 26. Juli dieses Jahres über die aufgehobenen "autonomen" Studiengebühren empfohlen, die das Ministerium jetzt allen 21 Universitäten abgelten muss. Sie kamen explizit zu dem Schluss, dass die "Übertragung der Kompetenz für die Einhebung von Studiengebühren an die Universitäten ausgeschlossen ist". Wenn schon, dann müsse es dafür eine gesetzliche Regelung geben, für die die Politik verantwortlich ist.

Wenigstens der zuständige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle weiß das inzwischen und pocht auf eine "gesetzliche Regelung für maßvolle Studienbeiträge". Vielleicht kann das Nicht-ÖVP-Mitglied das "seiner" Partei rechtzeitig verklickern. Vielleicht ist ihr das aber egal.

Denn das Wissenschaftswahlprogramm der Volkspartei liest sich teilweise wie systematische Verantwortungslosigkeit. Wie anders soll man etwa verstehen, wenn neben ein paar schönen Synonymen für Universitäten wie "Leitinstitutionen in einer wissensbasierten Wirtschaft" oder "Transformatoren von Ideen" die Beschreibung als "stabilisierende wirtschaftliche 'Anker' einer Region" mit folgendem quasi triumphierenden oder beruhigenden Einschub versehen ist: "Universitäten wandern nicht ab."

Ach? Tun sie das nicht? Okay, wer Uni-Gebäude für "die Uni" hält, der mag das so sehen. Die ÖVP tut das offenbar. Das ist intellektuell schlicht, vor allem aber ist es zynisch. Denn nichts ist so abwanderungsgefährdet, aber auch begehrt wie die klügsten Köpfe eines Landes. Eine staatstragende Partei sollte das wissen und danach handeln. (Lisa Nimmervoll, derStandard.at, 27.8.2013)