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Der Mann, der die Eumig umbrachte: Franz Vranitzky.

Foto: Reuters/Herwig Prammer

Wien - Mit drei Großpleiten gingen 1981 nicht nur tausende Arbeitsplätze flöten und Gläubiger verloren Schilling-Milliarden. Kameraproduzent Eumig, Faserplattenhersteller Funder und die Klimatechnik brachten in den 1980ern auch die staatliche Länderbank ins Wanken. Das Institut brauchte rund 3,5 Milliarden Schilling (254 Mio. Euro) Staatshilfe, um die Kreditausfälle zu verdauen. Zwecks Sanierung kommandierte Kanzler Bruno Kreisky 1981 den späteren Finanzminister Franz Vranitzky (SPÖ) von der Creditanstalt in die Länderbank ab.

Das Biotop, in dem Traditionsbetriebe ungeachtet ihrer Bonität an Kredite kamen, schildert Vranitzky so: "Es war eine andere Zeit. Eine, in der Unternehmerpersönlichkeiten beim Bankvorstand mitunter einen besseren Eindruck gemacht haben als ihre Bilanzen", erzählt der spätere Bundeskanzler im Gespräch mit dem STANDARD. Auf seine Frage nach den jüngsten Bilanzen der Eumig habe er von Länderbank-Vorstandskollegen damals zur Antwort bekommen, man habe keine. "Weil es der international erfolgreiche Eumig-Eigentümer und -Chef als unfreundlichen Akt empfinden würde, wenn Bankleute Bilanzen verlangten." Außerdem war "Herr Vockenhuber bei Bundeskanzler Kreisky bestens eingeführt". Aus den Unterlagen, die dann doch bereitgestellt wurden, "ist die ganze Katastrophe ans Tageslicht gekommen".

Lücken in der Südautobahn

Besonders schwierig gestaltete sich demnach die Verwertung von Fertigungsstätten in der Steiermark. Für eine Werksbesichtigung in Fürstenfeld, einer Fabrik, in der überwiegend Frauen beschäftigt waren, konnte Vranitzky sogar Max Grundig aus Deutschland gewinnen. Mit ihm und Kreisky sei er in die Steiermark gefahren, um den TV-Gerätehersteller zu einem Einstieg bei Eumig zu bewegen. "Aber es war aussichtslos - nicht nur weil die Südautobahn nicht fertig war", erzählt Vranitzky.

Als schwieriger Fall gestaltete sich auch Fohnsdorf, wo Eumig - auch auf Anregung der Politik - eine Fabrik eröffnet hatte, um arbeitslose Kumpel aus dem ausgekohlten Bergwerk zu beschäftigen. Auch das habe sich als nicht erfolgversprechend herausgestellt, "denn die Arbeiter wussten mit Feinmechanik nichts anzufangen. Die haben sogar die Werkzeuge verbogen mit ihren kräftigen Händen."

Ähnlich sei es bei Klimatechnik gewesen. Auch deren Chef, Erfinder Erwin Tautner, habe "in seiner guten Zeit am Ballhausplatz sehr überzeugt". So finanzierte die Länderbank, deren interne Revision bereits 1975 vor weiteren Kreditvergaben gewarnt hatte, die niederösterreichische Klimatechnik Gesellschaft (gehörte zur Hälfte Elin) weiter. "Für Banken im Eigentum der Republik wurden Themen wie Arbeitsplatzsicherung, Beschäftigung, regionale Entwicklung und Staatsfinanzierung natürlich in einer völlig anderen Dialogform abgewickelt als heute", sagt Vranitzky mit Blick auf Kreiskys Diktum, wonach Arbeitsplätze höher gewichtet waren als Staatsschulden.

"Eiterbeule aufmachen"

In der Öffentlichkeit als "Mann, der Eumig umbrachte" kritisiert, habe er sich bei der Abwicklung des Kameraherstellers eher "als Chirurg gefühlt, der eine Eiterbeule aufmachen und behandeln musste" denn als Banker. Als unfähig will er die kreditgebenden Bankmanager selbst mit der Weisheit des Rückblicks nicht bezeichnen. "Die Probleme der beiden Unternehmen, die zunächst existenzbedrohend, dann -vernichtend wurden, waren ja nicht bankwirtschaftliche, sondern industrielle - und eigene Führungsunzulänglichkeiten." Außer Kontrolle geratene Expansion, fehlgeschlagene Produktinnovationen und Bankverbindlichkeiten im Ausland bis zur Unübersichtlichkeit hätten letztlich zur Fahrt auf abschüssiger Bahn geführt, "die auch die Hausbank nicht aufhalten konnte. In der immer wieder aufrechterhaltenen Hoffnung auf Besserung hat sie dann die Stopptaste viel zu spät gedrückt." (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 26.8.2013)